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News: Elektronenzauberei

Teleportation - was gestern noch Sciencefiction war, ist heute längst mehrfach gelungen. Zwar nur mit quantenmechanischen Zuständen einiger Lichtteilchen, aber immerhin. Nun soll nach dem Willen von Physikern Quantenteleportation auch in fester Materie stattfinden.
Die Quantenmechanik ist ja für allerlei seltsam anmutende Effekte gut, aber eine ihrer kuriosesten Konsequenzen ist wohl die Möglichkeit, dass zwei Teilchen selbst über Lichtjahre Entfernung einander "spüren". Das erinnert ein wenig an Harry Potter und sein böses Gegenstück Du-weißt-schon-wer-Voldemort, deren Schicksal auf unergründlich magische Weise aneinander gekoppelt ist. Auch wenn es bei verschränkten Teilchen nicht um Leben und Tod geht, so legt doch eine Messung des Zustandes des einen gleich auch den des anderen fest – und zwar in Nullkommanichts.

Klar, dass ein derartiges Phänomen allerlei fantastische Ideen in greifbare Nähe rückt. Teleportation beispielsweise. Denn legt man gezielt den Zustand eines Teilchens fest, dann lässt sich an einem beliebigen Ort der Zustand des anderen abgreifen. Quantenteleportation ist also die Übertragung eines quantenmechanischen Zustands durch ein Paar verschränkter Teilchen. Dass diese Idee funktioniert, haben mittlerweile mehrere Forschergruppen gezeigt, wobei stets Photonen für die Experimente herhalten mussten.

Das könnte sich in Zukunft jedoch ändern, denn Physiker arbeiten bereits fleißig an einem Entwurf, Quantenteleportation beispielsweise auch in Festkörpern zu ermöglichen. Zwar könnten die überbrückten Distanzen hier nicht mit den Rekordmarken bei der optischen Teleportation konkurrieren, aber auch ein paar Mikrometer wären nicht schlecht, wenn sich damit neue Möglichkeiten für die Konstruktion eines Quantencomputers ergäben. So basteln denn Carlo Beenakker und seine Kollegen von der Universität Leiden an einem Konzept für den Festkörper-Teleporter.

Hier sollen Elektronen ihren Zustand übermitteln. Das stellen sich die Physiker etwa wie folgt vor: In einem Halbleiter gibt es zwei benachbarte Zonen leitfähigen Materials, getrennt durch eine dünne Barriere. So ein weiches Hindernis wird in der Quantenmechanik gerne einmal übersehen, und ein Elektron tunnelt von einer Seite auf die andere. Jedoch nicht ohne an einem Ufer ein Loch zurückzulassen – also eine Stelle, an der ein Elektron fehlt. Dieses Loch sollte in all seinen Eigenschaften genau zu dem Elektron passen, das es gerade verlassen hat, und so einen verschränkten Partner bilden.

Für die Quantenteleportation bräuchte es nun zwei dieser Verschränker-Tunnelbarrieren, die ihrerseits miteinander gekoppelt sind. Die Idee: Das tunnelnde Elektron des einen Verschränkers löscht sich mit dem zurückgelassenen Loch des anderen aus. Zwar verschwindet das Elektron dabei, nicht jedoch, ohne seine Quanteninformation dem anderen, überlebenden Elektron aufzuprägen.

Der Vorteil dieses Ansatzes: Für die Auswertung solcher Versuche stehen bereits einige Mittel zur Verfügung. Denn mit Elektronen in dünnen, leitenden Halbleiterschichten – einem so genannten zweidimensionalen Elektronengas – experimentieren Physiker schon seit langem. Inwieweit die Quantenteleportation in diesem Fall jedoch auch in der Realität funktioniert, muss sich erst noch zeigen. Zunächst, so Beenakker, müsse man erstmal die Verschränkung nachweisen – denn ohne verschränkte Teilchen keine Quantenteleportation. Sollte das Experiment jedoch erfolgreich sein, dann stellt es vielleicht eine weitere Zutat für einen superschnellen Quantencomputer dar. Das hoffen jedenfalls die Leidener Physiker.

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