»Regretting Parenthood«: Elternburnout ist gefährlicher

Kinder großzuziehen bringt Glücksmomente, aber auch Belastungen. Schlafentzug, Familienkonflikte und fehlende Zeit für sich selbst treiben manche Mütter und Väter in einen Burnout – einen Zustand dauerhafter Erschöpfung und emotionaler Distanz. Etwas anderes ist es, wenn jemand seine Elternschaft als solche bereut. Unter dem Schlagwort »Regretting Parenthood« etwa berichten Menschen auf Social Media, dass sie sich heute anders entscheiden würden, wenn sie noch einmal vor der Wahl stünden, Kinder zu bekommen. Dafür sehen sie sich teils heftigen Anfeindungen ausgesetzt.
Forschende aus Polen und Belgien haben nun versucht, die beiden Phänomene – elterliches Ausbrennen und das Bereuen der Entscheidung, Mutter oder Vater zu werden – systematisch auseinanderzuhalten. Das Team um Isabelle Roskam von der Katholischen Universität Löwen befragte zunächst 973 polnische Eltern, davon zwei Drittel Frauen. Burnout wurde über die Zustimmung zu Aussagen erfasst wie: »Wenn ich morgens aufstehe und mir ein weiterer Tag mit meinem Kind bevorsteht, fühle ich mich schon erschöpft, bevor es überhaupt losgeht.« Der Fragebogen für das Bereuen der Elternschaft enthielt Statements à la »Ohne Kinder wäre mein Leben besser«.
Rund 70 Prozent der Befragten hatten weder ein Burnout noch haderten sie mir ihrer Elternschaft. Vier Prozent zeigten Zeichen von Erschöpfung, bereuten aber die Entscheidung nicht. Etwa 18 Prozent gaben an, dass sie sich mittlerweile nicht wieder für ein Kind entscheiden würden, ohne aber ausgebrannt zu sein. Zwischen acht und neun Prozent erfüllten beide Kriterien.
In einer zweiten Studie befragte das Team rund 1400 englisch- und französischsprachige Eltern. Diesmal ging es auch um die Beziehung zu den Kindern. Ergebnis: Nur elterlicher Burnout ging damit einher, dass die Befragten ihre Kinder vernachlässigten, ihnen häufiger verbal oder physisch Gewalt antaten und dass sie öfter davon träumten, ihre Familie zurückzulassen und ein neues Leben zu beginnen. Ein Bereuen der Elternschaft allein – ohne Ausgebranntsein also – stand nicht mit solchen Aussagen in Verbindung.
Auch wenn es Überschneidungen gebe, müsse man die beiden Phänomene getrennt betrachten, so die Forschenden. Dies habe Konsequenzen für die Psychotherapie. Burnout, der anscheinend mit einer stärkeren Gefährdung des Kindeswohls einhergeht, lasse sich etwa über bessere Aufklärung zum Thema und individuelle Strategien zum Stressmanagement angehen. Hadern Eltern dagegen mit ihrer Lebensplanung, seien akzeptanz- oder sinnorientierte Therapien besser. In jedem Fall komme eine Behandlung sowohl den Erwachsenen als auch ihren Kindern zugute.
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