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Hirnforschung: Emotionen überdauern das Vergessen

Geschädigter Hippocampus
Wenn Menschen mit Gehirnschäden sofort wieder vergessen, was ihnen kurz zuvor passiert ist, stellt sich die Frage, inwieweit sie überhaupt noch von Zuwendung durch ihre Mitmenschen profitieren. Justin S. Feinstein und seine Kollegen von der University of Iowa in Iowa City haben nun jedoch gezeigt, dass freundliche Ansprache und ein liebevoller Umgang das Wohlbefinden der Patienten auch längerfristig entscheidend verbessern können. Selbst wenn die Erinnerungen an ein Gespräch oder Ereignis verblassen, bleiben die damit verbundenen Emotionen nämlich weiter bestehen.

Gesundes und geschädigtes Gehirn | Im Vergleich zu Menschen mit gesundem Gehirn (links) fehlen bei den in der Studie untersuchten Amnesiepatienten (rechts) Teile des Hippocampus.
Die Forscher untersuchten fünf Patienten mit Schäden am Hippocampus. Da dieser Hirnteil entscheidend am Abspeichern von Erinnerungen im Langzeitgedächtnis mitwirkt, ist das Erinnerungsvermögen solcher Personen stark beeinträchtigt. Sie leiden unter einer Form von Amnesie, die den Frühstadien der Alzheimer-Demenz gleicht. Das Team um Feinstein zeigte den Probanden entweder heitere oder traurige Filmausschnitte. Schon zehn Minuten nach Ende der Vorführung konnten die Versuchsteilnehmer keine inhaltlichen Fragen zu dem Gesehenen mehr beantworten; trotzdem beeinflusste es ihre Stimmung nachhaltig: Nach einem traurigen Film waren die Patienten noch lange bekümmert, während ein lustiger Streifen fortdauernde positive Gefühle hinterließ.

Die Wisenschaftler folgern daraus, dass auch solche Patienten unter Vernachlässigung leiden, die sich nicht daran erinnern können. Umgekehrt sorgt Zuwendung durch geliebte Menschen für eine zufriedene Grundstimmung. Die Ergebnisse stellen aber auch Behandlungsansätze gegen seelische Traumata in Frage, die darauf abzielen, das auslösende Ereignis aus der Erinnerung zu löschen.

Julia von Sengbusch

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