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News: Enceladus-Geysire: Ausbruchstellen aufgespürt!

Bei ihrem dichten Vorbeiflug am Saturnmond Enceladus am 11. August 2008 sandte die Raumsonde Cassini äußerst scharfe Bilder der Südpolregion zur Erde. Den Wissenschaftlern von Cassini gelang es nun, die Ausbruchstellen der ständig aktiven Wasserdampf-Geysire exakt zu lokalisieren.
Die Südpolregion des Saturnmonds Enceladus
Schon wenige Stunden nach dem Vorbeiflug waren die Rohbilder von Enceladus online verfügbar, wir berichteten. Nun hatte das Imaging Science Team schon etwas Zeit, die Bilder zu verarbeiten und stellte am 14. August erste Fotomosaike von diesem Vorbeiflug vor.

Schon auf den Rohbildern war die im kleinen Maßstab runzlig wirkende Eiskruste von Enceladus aufgefallen, die an Nahaufnahmen von Elefantenhaut erinnern. Kleine Täler durchfurchen das Terrain, davon zeichnen sich einige durch auffällige Wälle an den Seiten aus. Die Täler weisen eine ausgeprägte V-Form auf und sind um die 300 Meter tief. An manchen Stellen zeigen sich am Talgrund helle Regionen, die an frisch gefallenen Schnee erinnern.
Ausbruchstellen der Enceladus-Geysire I | Aus den Verwerfungen Bagdad und Kairo Sulcus treten Wasserdampf und feine Eispartikel im steten Strom aus der Eisoberfläche des Saturnmonds Enceladus aus. Die Auflösung dieses Bildmosaiks beträgt im Original rund 15 Meter pro Bildpunkt. Die Bilder nahm die Raumsonde Cassini am 11. August 2008 bei einem dichten Vorbeiflug auf.


Diese hellen Stellen in den Tälern sind die unmittelbare Umgebungen der aktiven Ausbruchstellen. Hier treten im steten Strom Wasserdampf und feine Eispartikel zu Tage, welche durch ihre Ausströmgeschwindigkeit die geringe Schwerkraft von Enceladus überwinden können. Die Eispartikel sammeln sich bevorzugt entlang der Umlaufbahn von Enceladus um den Saturn an und bilden dort den E-Ring. Dies ist der größte und am weitesten vom Planeten entfernte Saturnring.

Auf den sieben schärfsten Bildern mit Auflösungen um 15 Meter pro Bildpunkt konnte das Forscherteam um Carolyn Porco am Space Science Institute in Boulder, Colorado, vier Ausbruchstellen auf wenige Meter genau identifizieren. Sie befinden sich in den schon im Voraus nach Orten aus 1001 Nacht benannten Verwerfungen namens Kairo, Baghdad und Damaskus Sulcus. Sulcus steht im Lateinischen für Furche oder Falte. Die Forscher vermuten, dass die auffälligen Talwälle an den Ausbruchspunkten durch Ablagerung feiner Eispartikel entstehen.
Ausbruchstellen der Enceladus-Geysire II | In der Verwerfung namens Damaskus Sulcus auf dem Saturnmond Enceladus befinden sich gleich zwei Ausbruchstellen, aus denen Wasserdampf ausgeworfen wird. Die beiden Bilder nahm die Raumsonde Cassini am 11. August 2008 bei einem dichten Vorbeiflug auf.


Über alle Bilder verstreut finden sich zahlreiche Eisblöcke, die mehrere zehn Meter groß sind. Wie sie entstanden sind und wie sie an ihre Orte gekommen sind, ist noch unklar. Auffällig ist, dass sich auch auf den schärfsten Bilder keinerlei noch so kleine Einschlagkrater finden, ein Hinweis, dass die gesamte Region geologisch sehr jung ist. Wahrscheinlich werden neu entstandene Krater durch die Auswürfe der Geysire auch wieder rasch aufgefüllt.

Die Frage ist nun, ob sich im Inneren von Enceladus große mit flüssigem Wasser gefüllte Hohlräume befinden. Nach wie vor ist unklar, woher die beträchtliche Wärmeenergie stammt, welche die geologische Aktivität des Mondes antreibt. Normalerweise müsste Enceladus wegen seiner geringen Größe schon längst ausgekühlt sein und sich wie sein innerer, rund 100 Kilometer kleinerer Nachbarmond Mimas, als ein toter, kraterübersäter Eisball präsentieren.

Die Forscher vermuten, dass eine Gezeitenwechselwirkung mit dem äußeren Mond Dione für die Wärmeerzeugung verantwortlich ist. Dione umkreist Saturn einmal in der Zeit, in der Enceladus zweimal den Ringplaneten umrundet. Durch diese 1:2-Resonanz wird die Umlaufbahn von Enceladus geringfügig elliptisch verzerrt. Außerdem sorgt die Wechselwirkung mit Dione dafür, dass der dem Saturn stets die gleiche Seite zuwendende Enceladus etwas aus der Ruhelage abgeglenkt wird. Dadurch verschieben sich die durch die starke Anziehungskraft des Saturn hervorgerufenen Gezeitenberge etwas hin und her. Im Inneren des Mondes löst dies Verformungen aus und erzeugt durch Reibung Wärme.

Allerdings reicht die durch Gezeitenreibung erzeugte Wärme nicht ganz dafür aus, Enceladus so weit aufzuheizen. Einige Forscher vermuten daher, dass sich im Kern des Mondes auch noch geringe Mengen radioaktiver Elemente wie Uran, Thorium und Kalium-40 befinden, die bei ihren Zerfall zusätzliche Wärme freisetzen. Bei der aus dem Inneren des Mondes austretenden Flüssigkeit handelt es sich jedoch nicht um reines Wasser, sondern sie enthält auch Beimengungen von Methan und vor allem Ammoniak. Vor allem Letzterer ist interessant, denn er senkt deutlich den Schmelzpunkt von Wassereis. Geringe Beimengungen reichen schon aus, die Schmelztemperatur um wenige zehn Grad abzusenken, ähnlich wie das Streusalz auf der Erde im Winter.

Auf den Bildern sind die austretenden Waserdampfwolken und Eispartikel nicht zu sehen, da sie im Vergleich zur hellen Eisoberfläche von Enceladus viel zu lichtschwach sind. Sie zeigen sich am besten auf Bildern, die im Gegenlicht entstanden, dann treten sie durch Lichtstreuung deutlich hervor.

Die Oberfläche von Enceladus weist die höchste Rückstrahlfähigkeit (Albedo)im Sonnensystem auf, denn sie wirft fast 100 Prozent des einfallenden sichtbaren Lichts in den Weltraum zurück. Einem Astronauten auf Cassini erschiene der Mond als grellweiße Kugel mit nur sehr geringen Helligkeitsunterschieden. Erst durch die Verwendung von speziellen Farbfiltern und Aufnahmen im infraroten und ultravioletten Bereich des Spektrums zeigen sich unterschiedliche Regionen auf dem nur 500 Kilometer großen Eismond.

TA

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