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News: Endlager für Treibhausgase auf dem Meeresgrund?

Kohlendioxid gilt als Treibhausgas. Es trägt somit zur weltweiten Erwärmung bei. Da eine Reduktion der Kohlendioxidproduktion unwahrscheinlich scheint, suchen Wissenschaftler nach effektiven Entsorgungsmöglichlichkeiten. Ein potentielles Endlager sehen dabei manche in den Tiefen der Ozeane. So soll eine feste Verbindung aus Wasser und CO2 das flüssige Kohlendioxid wie eine Schutzschicht ummanteln. Doch erste Versuche in 3600 Meter Tiefe scheiterten. Denn das Treibhausgas machte sich selbständig.
In den Ozeanen befinden sich unvorstellbare Mengen an Kohlendioxid (CO2). Zudem paßt auch noch unheimlich viel rein: Die Kohlendioxidkonzentration der Meere würde nur um zwei Prozent ansteigen, brächte man alles CO2 der Atmosphäre ins Wasser. Für viele Forscher ein Grund, über die Möglichkeit nachzudenken, vom Menschen produziertes Kohlendioxid im Meer zu entsorgen. Einer von ihnen ist Peter Brewer vom Monterey Bay Aquarium Research Institute (MBARI). Zusammen mit Wissenschaftlern von der Stanford University führte er die ersten Experimente durch, welche die theoretischen Vorhersagen über das Verhalten von flüssigem Kohlendioxid in den Meerestiefen überprüfen sollten. Die Ergebnisse erschienen in Science vom 7. Mai 1999.

Nahe der Ozeanoberfläche nutzt die Vermengung von Wasser und flüssigem Kohlendioxid nicht viel. Wie in einer offenen Sprudelflasche bildet sich Gas, das dann in die Atmosphäre entweicht und dort den Treibhauseffekt begünstigt. Bei kalten Temperaturen und unter dem hohen Druck, wie er in der Tiefsee herrscht, sieht das schon anders aus. Laborexperimente zeigten, daß unter diesen Bedingungen Kohlendioxid und andere Treibhausgase mit Wasser zu einer festen, Eis-ähnlichen Verbindung reagieren. In diesen sogenannten Clathrat-Hydraten besetzen CO2-Moleküle die strukturell bedingten Hohlräume im Verbund der Wassermoleküle. Die Forscher stellten sich nun aufgrund von Laborergebnissen vor, daß diese festen Verbindungen für flüssiges Kohlendioxid am Meeresgrund eine Absperrung bilden. Genauso wie im Winter das Wasser eines Teiches durch eine Eisschicht von der Umgebung abgegrenzt ist, sollte so auch das flüssige CO2 seinen eigenen Tiefsee-Behälter formen.

Im Sommer 1998 versuchten Brewer und seine Kollegen, die Laborergebnisse im Ozean zu überprüfen. Dazu benutzten sie das fernsteuerbare Unterseeboot Tiburon. In einer Tiefe von 3600 Metern brachten sie flüssiges Kohlendioxid in ein Glasgefäß. Die Videokamera von Tiburon nahm dabei Erstaunliches auf. Denn das flüssige Treibhausgas zeigte sich höchst reaktiv. Es reagierte mit dem umgebenden Seewasser und vergrößerte innerhalb einer Stunde sein Volumen beträchtlich. Als sich die Wassermoleküle mit dem Kohlendioxid verbanden, bildete sich das Hydrat und sammelte sich am Boden des Gefäßes. Aufgrund des zunehmenden Volumens lief der Glasbehälter jedoch über, so daß flüssiges Kohlendioxid von der Meeresströmung mitgerissen wurde. "Wir haben nichts dergleichen vorhergesehen", sagt Brewer.

Trotzdem ist er nach wie vor optimistisch, daß die Entsorgung im Ozean funktionieren wird. Sie sei sicher, wenn auch teuer. Brewer will zusammen mit seinen Kollegen im Sommer 1999 weitere Tests durchführen, die zum Verständnis des Geschehenen beitragen sollen. Gemeinsam mit Ökologen am MBARI sollen auch die möglichen Auswirkungen von Kohlendioxid auf die Organismen der Tiefsee untersucht werden.

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