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Energiewende: Was Chinas Kohleversprechen leisten kann

China will die Finanzierung von Kohlekraftwerken im Ausland einstellen – klingt gut. Doch die Emissionseinsparungen verglichen mit den Emissionen aus inländischer Kohlenutzung sind gering.
Ein chinesischer Arbeiter belädt einen Grubenwagen mit Kohle in einem Kohlebergwerk in der Stadt Huaibei in der ostchinesischen Provinz Anhui (Archiv).

Auf dem UN-Gipfel im September 2021 hat Chinas Präsident Xi Jinping Großes versprochen: Man wolle die Finanzierung neuer Kohlekraftwerke im Ausland einstellen. Das lässt hoffen, die Welt könne sich bald von dem fossilen Brennstoff verabschieden. Doch obwohl dies vom weltweit größten Verursacher von Kohlenstoffemissionen vorbildlich ist, sind Forscher der Meinung, dass China noch weit davon entfernt ist, die massive Nutzung von Kohle im Inland einzustellen.

»Chinas Wirtschaft ist immer noch stark auf Kohle angewiesen«, sagt Ottmar Edenhofer, Direktor des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change in Berlin. »Die Einstellung der Kohlefinanzierung im Ausland ist ein wichtiger Schritt, aber China ist weit davon entfernt, ganz aus der Kohle auszusteigen.«

Trotz der Pläne des Landes, bis 2060 kohlenstoffneutral zu werden, hat sich die heimische Kohleproduktion seit 2001 fast verdreifacht. Im Gegensatz dazu hat sich die Menge der in den Vereinigten Staaten und Europa produzierten Kohle in diesem Zeitraum etwa halbiert. Auf China entfiel mehr als die Hälfte der im Jahr 2020 weltweit geförderten 7,7 Milliarden Tonnen Kohle, womit es die Beiträge der nächstgrößeren Produzenten deutlich übertrifft (siehe »Die größten Kohleproduzenten der Welt«).

Lukrative Märkte in Übersee

China finanziert aber auch den Bau von Kohlekraftwerken in vielen anderen Ländern, damit chinesische Energieunternehmen von den Märkten in Übersee profitieren können. Insgesamt finanziert China genug Kohlekraftwerke im Ausland, um 42 Gigawatt Strom zu erzeugen – genug, um mindestens 30 Millionen Haushalte zu versorgen.

Der größte Teil dieser Gelder fließt nach Bangladesch, Vietnam, in die Mongolei und nach Indonesien, aber auch viele afrikanische Länder und einige europäische Staaten erhalten beträchtliche Summen.

»Chinas derzeitige und künftige heimische Kohlekraft ist für das Klima wichtiger als alles, was in Zukunft im Ausland gebaut werden könnte«
Jan Ivar Korsbakken, Spezialist für Energiepolitik

Nach Angaben der gemeinnützigen Organisation Global Energy Monitor hat China im vergangenen Jahr 38,4 Gigawatt an neuen Kohlekraftwerken in Betrieb genommen, was 76 Prozent der weltweiten Gesamtzahl neuer Kohlekraftwerke ausmacht.

Experten sagen, dass die Einstellung der Finanzierung dieser Kohlekraftprojekte ein guter Anfang ist. Doch sie fügen hinzu, dass die von ihnen verursachten Emissionen im Vergleich zu den 1000 Gigawatt Kohlekraft, die China im eigenen Land erzeugt, deutlich geringer sind. Das ist mehr als das Vierfache der Kapazität Indiens oder der Vereinigten Staaten, den nächstgrößten Erzeugern von Kohlestrom.

»Chinas derzeitige und künftige heimische Kohlekraft ist für das Klima wichtiger als alles, was in Zukunft im Ausland gebaut werden könnte«, sagt Jan Ivar Korsbakken, ein Spezialist für Energiepolitik am Zentrum für internationale Klimaforschung in Oslo.

Ausstieg aus der Kohle

In Europa und den Vereinigten Staaten ist die Kohleverstromung in den letzten Jahrzehnten spürbar zurückgegangen. Trotz des Versprechens des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, die Branche wiederzubeleben, wurden während seiner vierjährigen Amtszeit nur sehr wenige Kapazitäten hinzugefügt, während 52,4 Gigawatt an Kohlekraftwerken stillgelegt wurden.

In Europa verlief der Ausstieg aus der Kohle langsamer, aber die EU-Länder haben seit 2019 mehr als 17 Gigawatt an Kapazität stillgelegt – allen voran Spanien, das 2020 die Hälfte seiner Kohlekraftwerke stilllegte.

»Das 1,5-Grad-Ziel ist unerreichbar, wenn die Kohlekraftwerke nicht sehr bald durch sauberere Energietechnologien ersetzt werden«
Ottmar Edenhofer, Ökonom

Die Staats- und Regierungschefs der G7-Gruppe fortgeschrittener Volkswirtschaften – bestehend aus Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten – einigten sich im Mai darauf, die internationale Finanzierung von Kohleprojekten einzustellen.

Doch die fast 2500 Kohlekraftwerke, die heute weltweit in Betrieb sind, könnten während ihrer Lebensdauer immer noch mehr als 200 Milliarden Tonnen Kohlendioxid ausstoßen, was es schwierig macht, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius über den vorindustriellen Temperaturen zu begrenzen.

»Das 1,5-Grad-Ziel ist unerreichbar, wenn die Kohlekraftwerke nicht sehr bald durch sauberere Energietechnologien ersetzt werden«, sagt Edenhofer. »Ein Ende der Kohle ist leider noch nicht in Sicht.«

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