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Technik: Wie Wärmepumpen zukunftsfähig werden

Geräte, die thermische Energie aus der Umgebung eines Gebäudes nach innen befördern, haben seit ihrer Entwicklung im 19. Jahrhundert mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Innovative Ideen sollen die Probleme beseitigen.
Mehrere Klimaanlagen nebeneinander auf dem Dach eines Gebäudes mit Blick auf Himmel und Wolken.
Das neue Gebäudeenergiegesetz setzt auf Heizen mit erneuerbaren Energien – und damit auch auf Wärmepumpen.

Ein technisches Problem beschäftigte Zhibin Yu schon seit Jahren. 2020 ergab sich die perfekte Gelegenheit, es zu lösen. Als er während des ersten Covid-19-Lockdowns in seinem Zuhause in Großbritannien festsaß, hatte der Wärmetechniker plötzlich alle Zeit, die er brauchte, um die Effizienz von Wärmepumpen zu verbessern – den elektrischen Geräten, die Wärme von außen in Gebäude transportieren.

Wärmepumpen sind deutlich effizienter als Gasheizungen. Allerdings können die Standardmodelle, die Wärme aus der Luft aufnehmen, gerade an kalten Wintertagen vereisen, was ihre Wirksamkeit verringert. Yu, der an der University of Glasgow in Schottland forscht, grübelte wochenlang darüber nach. Er las eine Abhandlung nach der anderen. Und dann hatte er eine Idee. Die meisten Wärmepumpen vergeuden einen Teil der von ihnen erzeugten Wärme. Wenn er diese Abwärme auffangen und umleiten könnte, ließe sich das Problem lösen und die Gesamtleistung der Pumpen steigern.

Yus Idee ist eine von mehreren Innovationen, die darauf abzielen, die 200 Jahre alte Wärmepumpentechnologie noch effizienter zu machen – und so möglicherweise eine breitere Anwendung von Wärmepumpen weltweit zu ermöglichen. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) werden bisher nur etwa zehn Prozent des globalen Raumwärmebedarfs durch Wärmepumpen gedeckt. Angesichts der aktuellen Energiekrise und des wachsenden Drucks, den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu reduzieren, sind die Geräte wichtiger denn je.

Jedes bisschen Wärme auffangen

Dank seiner Überlegungen im Jahr 2020 konnte Yu zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen den funktionierenden Prototyp einer Wärmepumpe bauen, der die Restwärme in einem kleinen Wassertank speichert. In einer im Sommer 2022 veröffentlichten Arbeit beschreiben sie, wie ihr Ansatz dazu beiträgt, dass Wärmepumpen weniger Energie verbrauchen. Indem ein Teil der Restwärme separat in einen Bereich des Geräts geleitet wird, der kalter Luft ausgesetzt ist, kann sich der Apparat bei Bedarf selbst enteisen, ohne dafür die Wärmezufuhr zum Haus unterbrechen zu müssen.

Die Idee beruht auf dem gleichen Prinzip, nach dem Wärmepumpen funktionieren: Jedes bisschen Wärme lässt sich nutzen. Das Besondere an Wärmepumpen ist, dass sie nicht nur wie eine Elektroheizung thermische Energie erzeugen, sondern diese auch aus der Umwelt aufnehmen und in ein Gebäude leiten, wo sie die Wärme schließlich an Heizkörper oder Umluftheizungen weitergeben. Möglich wird das durch ein Kältemittel, das im Inneren einer Wärmepumpe fließt. Trifft es auf Wärme – und sei es auch nur eine winzige Menge in der Luft an einem kalten Tag –, nimmt es diese auf.

Wie Luftwärmepumpen funktionieren | Diese Wärmepumpentechnik ist aktuell am weitesten verbreitet. Dabei wird Wärme aus der Umgebungsluft aufgenommen und genutzt, um Innenräume zu heizen.

Ein Kompressor verdichtet anschließend das Kältemittel, wodurch der Druck steigt und sich die Temperatur so weit erhöht, dass die Substanz ein Haus heizen kann. Das funktioniert, weil sich die Moleküle des Kältemittels durch den Druckanstieg stärker bewegen. Später dehnt sich das Kältemittel wieder aus und kühlt dabei ab, und der Zyklus wiederholt sich. Der gesamte Kreislauf kann auch in umgekehrter Richtung ablaufen, so dass Wärmepumpen an heißen Sommertagen für Kühlung sorgen.

Wärmepumpen zeichnen sich dadurch aus, dass sie für jede verbrauchte Kilowattstunde Strom gleich mehrere Kilowattstunden Wärme transportieren können. Die Effizienz der Geräte wird in der Regel anhand ihrer Leistungszahl (»COP«, aus dem Englischen: coefficient of performance) gemessen. Ein COP von drei zum Beispiel bedeutet, dass eine Kilowattstunde Strom drei Kilowattstunden Wärme erzeugt – das entspricht einer Effizienz von 300 Prozent. Der COP eines Geräts kann je nach Wetterlage und anderen Faktoren variieren.

Eine 200 Jahre alte Technologie

Das Konzept von Wärmepumpen ist extrem wirkungsvoll und schon lange bekannt. Der britische Mathematiker, Physiker und Ingenieur Lord Kelvin schlug bereits 1852 vor, solche Systeme als Heizung einzusetzen. Das erste derartige Gerät wurde einige Jahre später entwickelt, gebaut und industriell zur Erwärmung von Sole genutzt, um Salz aus der Flüssigkeit zu gewinnen. In den 1950er Jahren diskutierten die Mitglieder des britischen Parlaments über Wärmepumpen, als die Kohlevorräte zur Neige gingen. Und in den Jahren nach der Ölkrise, 1973 und 1974, wurde die Technik als Alternative zu fossilen Brennstoffen zum Heizen angepriesen. »Die Hoffnung ruht auf der Wärmepumpe der Zukunft«, schrieb ein Kommentator im Jahr 1977 in der »Annual Review of Energy«.

Jetzt steht die Welt vor einer weiteren Energiekrise. Als Russland, einer der größten Erdgaslieferanten, im Februar 2022 die Ukraine angriff, stiegen die Gaspreise sprunghaft an. Das rückte Wärmepumpen erneut ins Rampenlicht, da sie bis auf wenige Ausnahmen mit Strom und nicht mit Gas betrieben werden. Im selben Monat schrieb der Umweltschützer Bill McKibben einen viel gelesenen Blogbeitrag mit dem Titel »Heat pumps for peace and freedom« (Wärmepumpen für Frieden und Freiheit), in dem er argumentierte, die USA könnten dem russischen Präsidenten Wladimir Putin »friedlich in die Nieren schlagen«, indem sie Wärmepumpen in großem Umfang einführten und damit die Abhängigkeit der US-Amerikaner von fossilen Brennstoffen verringerten. Die Geräte können den erforderlichen Strom zum Beispiel aus Fotovoltaikanlagen oder einem Stromnetz beziehen, das überwiegend aus erneuerbaren Energien gespeist wird.

Wärmepumpen können für jede verbrauchte Kilowattstunde Strom gleich mehrere Kilowattstunden Wärme transportieren

Der Betrieb der Geräte mit Ökostrom kann zudem dazu beitragen, den Klimawandel zu bekämpfen, sagt Karen Palmer. Sie ist Wirtschaftswissenschaftlerin und Senior Fellow bei Resources for the Future, einer unabhängigen Forschungsorganisation in Washington D.C. 2018 hat Palmer Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz im Fachmagazin »Annual Review of Resource Economics« untersucht. »Der Übergang zu einer stärkeren Stromnutzung für den Energiebedarf in Gebäuden wird kommen, sofern es nicht einen technologischen Durchbruch in anderen Bereichen gibt«, sagt sie. Die IEA schätzt, dass Wärmepumpen weltweit das Potenzial haben, bis 2030 den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid um mindestens 500 Millionen Tonnen zu verringern, was den jährlichen CO2-Emissionen aller heutigen Autos in Europa entspricht.

Trotz ihrer langen Geschichte und ihrer möglichen Vorzüge haben sich Wärmepumpen in einigen Ländern nur schwer durchsetzen können. Ein Grund dafür sind die Kosten. Die Geräte sind aktuell deutlich teurer als Gasheizungen, und da Erdgas jahrzehntelang relativ günstig war, gab es für Hausbesitzer kaum Anreize für einen Wechsel.

Wärmepumpen funktionieren auch in kalten Klimazonen

Außerdem herrscht seit Langem die Meinung vor, Wärmepumpen würden in kalten Klimazonen nicht so gut funktionieren – insbesondere in schlecht isolierten Häusern, die stark geheizt werden müssen. In Großbritannien, wo Gebäude eher zugig sind, hielten zum Beispiel viele Eigentümer lange Zeit Gasheizkessel für sicherer, weil sie etwa 60 bis 70 Grad Celsius heißes Wasser an Heizkörper liefern können, was das Aufheizen eines Raums erleichtert. Im Gegensatz dazu sind Wärmepumpen am effizientesten, wenn sie Wasser auf etwa 40 Grad Celsius temperieren.

Die niedrigen Außentemperaturen sind jedoch weniger problematisch, als viele denken. Es gibt inzwischen mehrere moderne Luftheizungssysteme auf dem Markt, die selbst bei bis zu minus 25 Grad Celsius noch gut funktionieren. Das wird durch die Tatsache verdeutlicht, dass Norwegen einer der Weltmarktführer bei der Nutzung von Wärmepumpen ist. Auch die Wirtschaftswissenschaftlerin Palmer hat eine Wärmepumpe in ihrem Haus in den USA, zusammen mit einem Ofen als Reserve. »Wenn es richtig kalt wird, können wir uns notfalls auf den Ofen verlassen«, sagt sie.

Innovationen im Bereich der Wärmepumpen führen zu Geräten, die noch effizienter sind, sich besser für ungedämmte Häuser eignen und – möglicherweise – auch erschwinglicher werden. Yu glaubt beispielsweise, dass das neuartige Luftwärmepumpen-Design von ihm und seinen Kollegen den COP um drei bis zehn Prozent verbessern könnte und dabei weniger kostet als derzeit verwendete Geräte mit vergleichbarer Funktionalität. Die Forscher wollen die Technologie nun vermarkten. Yus Arbeit ist innovativ, kommentiert Rick Greenough, ein inzwischen pensionierter Ingenieur der De Montfort University in Großbritannien. »Ich muss zugeben, dass das eine Methode ist, an die ich nicht gedacht hatte.«

Wie eine flexible Wärmepumpe funktioniert | Dieses neue Wärmepumpendesign von Zhibin Yu und seinen Kolleginnen und Kollegen der University of Glasgow speichert die Abwärme, die sonst verloren geht. Mit dieser kann man ein Gebäude wärmen oder die Pumpe enteisen, was die Geräte effizienter macht.

Und es gibt noch viele weitere Ideen. So hat Greenough damit experimentiert, die Wärme in den Sommermonaten im Boden zu speichern, um sie bei kühlerem Wetter mit einer Wärmepumpe zu nutzen. In seinem Entwurf verwendet er eine zirkulierende Flüssigkeit, um überschüssige Wärme von thermischen Solarkollektoren in flache Bohrlöcher im Boden zu leiten. Dadurch erhöht sich dessen Temperatur um etwa 12 bis maximal 35 Grad Celsius, sagt er. Im Winter kann eine Wärmepumpe dann einen Teil dieser gespeicherten Wärme wieder aufnehmen, um effizienter zu arbeiten, wenn die Luft kälter wird. Diese Technologie ist bereits auf dem Markt und wird von einigen Installateuren im Vereinigten Königreich angeboten, so Greenough.

»Eine stärkere Stromnutzung für den Energiebedarf in Gebäuden wird kommen, sofern es nicht einen technologischen Durchbruch in anderen Bereichen gibt«Karen Palmer, Wirtschaftswissenschaftlerin

Die meisten aktuellen Wärmepumpen können jedoch nur relativ niedrige Temperaturen erzeugen, so dass Besitzer von ungedämmten Häusern womöglich zusätzliche Kosten für die Isolierung auf sich nehmen müssen. Glücklicherweise zeichnet sich auch hierfür eine Lösung ab: Hochtemperatur-Wärmepumpen.

»Wir sagten uns: ›Warum nicht eine Wärmepumpe bauen, die einen Gaskessel eins zu eins ersetzen kann, ohne dass man das Haus wirklich gründlich isolieren muss?‹«, erzählt Wouter Wolfswinkel, Programmmanager für Geschäftsentwicklung beim schwedischen Energieunternehmen Vattenfall, das unter anderem Wärmepumpen herstellt. Vattenfall und seine niederländische Tochtergesellschaft Feenstra haben sich zusammengetan, um eine Hochtemperatur-Wärmepumpe zu entwickeln.

Wärmepumpen mit richtig hohen Temperaturen

Vattenfall verwendet CO2 als Kältemittel. Allerdings kann das Gas im heißen Hochdruckbetrieb des Wärmepumpensystems nicht so leicht abkühlen. Deshalb mussten die Ingenieure einen Weg finden, die Temperatur des Kältemittels zu senken, damit es bei der Rückkehr zum Anfang des Wärmepumpenkreislaufs wieder genügend Wärme aus der Luft aufnehmen kann. Dafür fügten sie dem System einen Puffer hinzu: einen Wassertank, in dem sich eine kühle Flüssigkeitsschicht unter einer wärmeren befindet. Die Wärmepumpe nutzt die untere Schicht aus dem Tank, um die Temperatur des Kältemittels nach Bedarf anzupassen. Sie kann aber auch das heißere Wasser im oberen Teil des Wassertanks mit einer Temperatur von bis zu 85 Grad Celsius an die Heizkörper weiterleiten.

Das Gerät ist etwas weniger effizient als herkömmliche Wärmepumpen, die niedrigere Temperaturen erzeugen, räumt Wolfswinkel ein: Es bietet einen COP von etwa 265 Prozent gegenüber den maximal erreichbaren 300 Prozent derzeitiger Apparate. Die Hochtemperatur-Wärmepumpe schneidet aber immer noch besser ab als ein Gaskessel (mit einem Wert von höchstens 95 Prozent). Solange die Strompreise die Gaspreise nicht deutlich übersteigen, sollte die Hochtemperatur-Wärmepumpe billiger zu betreiben sein. Durch die höhere Temperatur müssen Hauseigentümer nicht sofort ihre Isolierung verbessern oder die Heizkörper vergrößern, merkt Wolfswinkel an. Das könnte dabei helfen, den Übergang zu Wärmepumpen schneller zu vollziehen.

Wie Erdwärme- und Wasser-Wasser-Wärmepumpen funktionieren | Die beiden Systeme unterscheiden sich von Luftwärmepumpen: Sie nehmen die Wärme aus dem Boden oder aus dem Wasser auf.

Um das zu testen, installierten Vattenfall und Feenstra in einem Pilotversuch ihre neuartige Wärmepumpe in 20 Haushalten unterschiedlicher Größe in der Stadt Heemskerk, unweit von Amsterdam. Nach einigen Jahren der Erprobung stellten sie die Hausbesitzer im Juni 2022 vor die Wahl, ihren alten Gaskessel, den sie in ihrem Gebäude behalten hatten, zurückzunehmen oder die Hochtemperatur-Wärmepumpe dauerhaft zu nutzen. »Alle haben sich für die Wärmepumpe entschieden«, stellt Wolfswinkel fest.

In manchen Situationen kann die Installation von Wärmepumpen in einzelnen Häusern weniger effizient sein als der Bau eines großen Systems für ein ganzes Viertel. Seit etwa zehn Jahren errichtet die Firma Star Renewable Energy mit Sitz in Glasgow Fernwärmesysteme, die Wärme aus einem nahe gelegenen Fluss oder Meeresarm beziehen – darunter von einem norwegischen Fjord. Ein skandinavischer Fjord mag nicht das Erste sein, was einem in den Sinn kommt, wenn man an Wärme denkt. Aber das Wasser tief im Fjord hat eine ziemlich konstante Temperatur von knapp acht Grad Celsius, die Wärmepumpen nutzen können.

»Warum nicht eine Wärmepumpe bauen, die einen Gaskessel eins zu eins ersetzen kann, ohne dass man das Haus wirklich gründlich isolieren muss?«Wouter Wolfswinkel, Programmmanager für Geschäftsentwicklung

Über eine sehr lange Leitung saugt das Fernwärmesystem das Wasser an und erhitzt damit ein Kältemittel, in diesem Fall Ammoniak. Ein Kompressor verdichtet das Gas auf einen Druck von 50 Atmosphären, wodurch sich die Temperatur auf 125 Grad Celsius erhöht. Das heiße Kältemittel gibt seine Wärme anschließend an das Wasser im Fernwärmekreislauf ab, was dessen Temperatur auf 90 Grad Celsius steigert. Das gesamte System liefert 85 Prozent des Warmwassers, das zur Beheizung der Gebäude in der norwegischen Stadt Drammen in der Nähe von Oslo benötigt wird.

Trotz all dieser Fortschritte ist noch nicht jedes Wohnhaus für eine Wärmepumpe geeignet. Und nicht alle Personen können sich den Umstieg auf eine Wärmepumpe leisten. Zum Beispiel sagt Yu, dass die Kosten für den Austausch seines Gasheizkessels für ihn unerschwinglich sind. Aber er träumt davon, diesen Schritt in Zukunft zu gehen. Mit steigenden Effizienzen und Verkaufszahlen wird sich die Technik durchsetzen. »Irgendwann«, sagt Yu, »wird wohl jeder auf Wärmepumpen umsteigen.«

Luft-Wasser-Wärmepumpen

Es gibt eine weitere verbreitete Wärmepumpentechnologie. Diese funktioniert ähnlich wie die Luft-Luft-Wärmepumpe, nur dass sie ihre Wärme an einen Wasserkreislauf abgibt, der anschließend über Fußbodenheizungen oder Radiatoren Innenräume heizt.

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