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Entdeckung in Stuttgart: Friedhof der Römerpferde

Archäologen haben in Stuttgart mehr als 100 Pferdeskelette aus der Römerzeit frei gelegt. Halbwegs sicher ist schon, warum die vielen Tiere vor mehr als 1800 Jahren gestorben sind.
Ein freigelegtes Pferdeskelett in einer archäologischen Ausgrabungsstätte, umgeben von Erde. Über dem Skelett befindet sich ein Schild mit der Aufschrift: "2024_0138 S_BAD.CONSTANZ HELGA-FEDDEREN-WEG 5.01 PL.04 GRABBE 2009-2025". Ein Maßstab liegt daneben.
In flachen Gruben waren die Pferde im 2. Jahrhundert vergraben worden. Laut den Archäologen waren die meisten Tiere damals wohl eher entsorgt als bestattet worden.

Archäologen haben in Stuttgart den größten römerzeitlichen Pferdefriedhof Süddeutschlands ausgegraben. Im Ortsteil Bad Cannstatt haben die Fachleute mehr als 100 Pferdeskelette geborgen, wie das baden-württembergische Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart mitteilt. In der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts befand sich in Bad Cannstatt ein wichtiger Standort der römischen Armee. Stationiert war eine Reitereinheit, eine so genannte Ala, mit vermutlich mehr als 700 Reittieren.

Bereits in den 1920er Jahren waren in der Gegend erste Überreste von Pferden entdeckt worden. Seit Juli 2024 arbeiten Archäologen erneut an der Stelle im Vorfeld eines Neubauprojekts. Wie die zuständige Archäologin Sarah Roth vom LAD in einer Pressemitteilung erklärt, ergaben stichprobenartige 14C-Datierungen an den Knochenfunden, dass sie aus dem 2. Jahrhundert stammen. Dieser Zeitraum deckt sich mit der historischen Überlieferung zur Stationierung der Reitereinheit.

Sehr wahrscheinlich seien die Pferde aber nicht alle gleichzeitig verendet, etwa bei einer Schlacht oder an einer Seuche. »Vielmehr liegen hier die Tiere, die während der Anwesenheit der Ala in Bad Cannstatt durch Krankheit, Verletzungen oder aus anderen Gründen entweder starben oder ihrer Aufgabe als Militärpferd nicht mehr nachkamen«, sagt Roth.

Liebevoll bestattet? | Bei einem Pferdeskelett entdeckten die Archäologen Beigaben: zwei Krüge und eine Öllampe. Diese werten die Fachleute als Hinweise auf eine große Verbundenheit des Reiters zu seinem Pferd.

Die genaue Größe des Pferdefriedhofs in Stuttgart ist unbekannt. Die Tiere wurden auf dem Gelände zirka 400 Meter entfernt vom einstigen Reiterkastell und mit einem Abstand von 200 Metern zur dazugehörigen Zivilsiedlung begraben. Die meisten Tierüberreste lagen einzeln in flachen Gruben. Nur einem Pferd hatte man zwei Krüge und eine Öllampe beigegeben – als sei es ein Mensch. »Hier sehen wir eine besonders enge Verbundenheit des Besitzers zu seinem Pferd. Auch nach rund 1800 Jahren ist die Trauer über den Tod dieses einen Tieres noch ersichtlich«, so Roth.

Nach Angaben des Regierungspräsidiums sind nun archäozoologische Untersuchungen geplant, die neue Erkenntnisse über Geschlecht, Ernährung und Haltung der Pferde in der römischen Armee bringen könnten. Ebenso erhoffen sich die Fachleute Informationen zu möglichen Krankheiten, zum Sterbealter und den genauen Todesursachen der Tiere. (dpa/kas)

  • Quellen
Pressemitteilung des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart vom 16. April 2025

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