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News: Entführung mit tödlichem Ausgang

Die Diagnose 'Chorea Huntington' bedeutet für die Betroffenen das sichere Todesurteil. Bis heute ist die Erbkrankheit - auch Veitstanz genannt - nicht heilbar. Das Gen, welches das Leiden auslöst, kennt die Wissenschaft schon länger, doch warum dieses Gen diese fatalen Konsequenz hat, blieb rätselhaft. Jetzt entdeckten Wissenschaftler, dass das Genprodukt ein für den Zellstoffwechsel lebenswichtiges Protein 'entführt' und außer Kraft setzt.
Es fängt meist mit harmlos wirkenden Bewegungsstörungen an. Doch nach und nach verlieren die Patienten ihre Persönlichkeit. Bis zu 25 Jahre kann sich das Leiden erstrecken, am Ende steht immer der Tod. Chorea Huntington ist unheilbar.

Die kurzzeitigen, unwillkürlichen Zuckungen des Körpers gaben der Krankheit ihren volkstümlichen Namen: Veitstanz. Ursache der dominant vererbten Nervenkrankheit ist eine Mutation auf Chromosom 4. Beim krankhaft veränderten Genprodukt – Huntingtin genannt – wiederholt sich die Aminosäure Glutamin bis zu 120-mal. Die Mutation führt zu fatalen Zerstörungen im Gehirn. Doch wie das veränderte Protein die Nervenzellen abtötet, blieb bis jetzt schleierhaft. Auch über die Funktion des normalen Huntingtin rätseln die Wissenschaftler.

Christopher Ross von der Johns Hopkins University in Baltimore hatte den Verdacht, dass das mutierte Huntingtin nicht direkt, sondern über einen indirekten Weg zu der Krankheit führt. Zusammen mit seinen Kollegen markierte er mit Fluoreszensfarbstoffen die DNA, Huntingtin und ein Protein namens CBP, das als wichtiger Regulationsfaktor im Zellkern dient.

Die Forscher konnten beobachten, dass CBP aus dem Zellkern ausgeschleust wurde, sobald mutiertes Huntingtin vorlag. Offensichtlich bindet das pathogene Protein CBP, "entführt" es und legt es damit lahm. Auch bei Mäusen, die das menschliche mutierte Huntingtin-Gen enthielten, fand diese "Entführung" statt.

Der Prozess ließ sich jedoch in einer Nervenzellkultur verhindern, sobald die Wissenschaftler ein verändertes CBP einsetzten, das nicht mehr an Huntingtin binden konnte. "Statt zu degenerieren, blieben die Zellen der Kultur gesund", erzählt Ross. "Wir waren in der Lage, sie zu retten."

"Wir haben diese Wende noch nicht im lebenden Mausmodell nachgewiesen", schränkt der Wissenschaftler zu hohe Erwartungen ein, hegt aber dennoch Hoffnung: "Unsere bisherige Forschung bietet einen Angriffspunkt, um neue Medikamente zu entwickeln und zu testen."

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