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News: Entlarvt: Gefährliche Superbakterien

So winzig sie sind, so heimtückisch sind sie manchmal auch: die Bakterien. Während die meisten Vertreter recht friedlich im menschlichen Körper wohnen und dort keinen Schaden anrichten, haben sich manche Artgenossen besonders gefährliche Eigenschaften zugelegt. Sie widerstehen allen gegen sie eingesetzten Waffen, in Form von Antibiotika. Der Unterschied ihrer Wehrhaftigkeit ist ein zusätzliches Gen, das es ihnen wahrscheinlich ermöglicht, andere Territorien zu besetzen als ihre friedliebenden Artgenossen. Um tödliche Epidemien unter immungeschwächten Patienten in Krankenhäusern einzudämmen, müssen die Betroffenen schnell isoliert werden. Ein neu entwickelter Schnelltest auf die virulenten Bakterien-Stämme macht dies nun möglich.
In unserem Verdauungstrakt wimmelt es nur so von fremdem Leben. Und das ist in den meisten Fällen auch gut so, denn die Winzlinge helfen beim Aufschluss und Abbau der Nahrung. Doch für immungeschwächte Patienten bergen sie große Gefahren. So ist etwa der Enterokokken-Vertreter Enterococcus faecalis für gefährliche Infektionen des Herzens und des Urogenitaltrakts verantwortlich. 75 Prozent aller Erkrankungen durch Enterokokken gehen auf sein Konto. Eine andere Spezies, Enterococcus faecium, wird immer widerstandsfähiger gegen Antibiotika. Sogar die letzte chemische Keule, das Antibiotikum Vancomycin, kann hier nichts mehr ausrichten. Bis jetzt hatten Wissenschaftler in gefährlichen E. faecalis Bakterien ein zusätzliches Gen entdeckt, das sie auf den Namen esp tauften. Doch einem Zusammenhang zwischen diesem Gen und virulenten Stämmen des Vertreters E. faecium ist bislang niemand auf die Spur gekommen.

Und doch gibt es ihn, wie Rob Willems vom National Institute of Public Health and the Environment in Bilthoven nun feststellte. Er suchte das esp-Gen in Vancomycin-resistenten Stämmen des E. faecium und fand es in 15 von 16 Fällen. Die untersuchten Bakterien waren verantwortlich für Epidemien in Krankenhäusern in Amerika, England, den Niederlanden und Australien. Harmlose Vertreter hingegen konnten die zusätzliche Genausstattung nicht aufweisen. Ein Zusammenhang zwischen dem Gen und der Boshaftigkeit seiner Besitzer scheint nun zweifelsfrei erwiesen zu sein, doch wie das von statten geht, ist noch unklar. Bekannt ist, dass das Gen für ein Oberflächenprotein codiert. Vielleicht erhält das Bakterium damit die Möglichkeit, auch an Geweben zu binden und sie zu befallen, die ihnen sonst unerreichbar wären.

Solange die Ursache noch im Dunkeln liegt, können Ärzte aber das Bakterien-Repertoire ihrer Patienten untersuchen und sie notfalls von anderen gefährdeten Kranken isolieren. Der Test ist schnell und einfach. "Wir können eine Probe vom Patienten nehmen, einen Gen-Test machen und haben das Ergebnis in zwei bis drei Stunden", sagt Willems. Dass mit den Superkeimen infizierte Patienten sehr lange ansteckend bleiben, scheint die Hauptursache für die rasche Verbreitung dieser Bakterien in Amerika zu sein. Der erhöhte Einsatz von Vancomycin könnte auch in Europa zu Epidemien mit resistenten Keimen führen. Willems hofft, dass der neue Gen-Test die schnelle Ausbreitung eindämmen wird.

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  • Quellen
Lancet 357: 853 (2001)

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