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Zoonosen: Wenn der Wald geht, kommen die Seuchen

Sars-CoV-2 war nicht die erste Seuche, die von Tieren auf Menschen überging. Und wird nicht die letzte bleiben. Entwaldung fördert diese Entwicklung.
Luftaufnahme eines stark rauchenden Feuers, das sich auf einer entwaldeten Fläche in den Regenwald frisst.

Die Anzeichen mehren sich: In Regionen, in denen die Entwaldung voranschreitet und intakte Regenwälder durch Monokulturen oder umgepflügtes Ödland durch Bergbau ersetzt werden, treten Zoonosen häufiger auf. Das legt eine weitere Studie nahe, die Serge Morand von der Université de Montpellier und Claire Lajaunie von der Université Aix-Marseille in »Frontiers in Veterinary Science« vorlegen. Die beiden Wissenschaftler hatten sich aus der Zeit zwischen 1990 und 2016 über 3880 Zoonosen angesehen, bei denen Erreger Artgrenzen überwunden haben, sowie knapp 2000 Ausbrüche von vektorbasierten Krankheiten. Darunter fassten sie durch Zecken oder Mücken übertragene Seuchen zusammen.

Die Studie umfasste eine Reihe von Krankheiten und Regionen. Doch zeigte sich ein klares Bild: In Tropen mehrten sich Ausbrüche in Gebieten, in denen Abholzung stark voranschritt und Wälder durch Plantagen oder Minen ersetzt wurden. Außerhalb der Tropen stieg dagegen die Zahl der Zoonosen, wenn artenarm aufgeforstet wurde, also Holzplantagen entstanden.

Im Gegensatz zu artenreichen Wäldern, in denen Fressfeinde andere Arten in Zaum halten, fehlen diese in Monokulturen. Stattdessen können sich wenige Arten mangels natürlicher Gegner massenhaft ausbreiten. Oft handelt es sich dabei um Nagetiere, die bekannte Reservoirs für Pathogene wie zum Beispiel Hantaviren sind. Oft finden sich in diesen überformten Gebieten zudem kleine Wasserstellen, in denen sich Mücken unkontrolliert vermehren können. Das zeigt sich beispielsweise in Brasilien, wo Malaria verstärkt an Entwaldungsfronten auftritt. Für Südostasien ergaben Studien, dass die als Vektor für verschiedene Krankheiten verantwortliche Moskitoart Anopheles darlingi ebenfalls in Rodungsgebieten häufiger vorkommt.

In den gemäßigten Breiten ist ein ähnlicher Zusammenhang beobachtbar: Einfache, aber intensiv genutzte Forste begünstigen ebenfalls wenig spezialisierte Tiere, während Raubtiere fehlen. Das fördere die Übertragung von Krankheitserregern wie Hantaviren durch Mäuse oder Borrelien durch Zecken.

Mit Sorge blicken die beiden Forscher daher nach Brasilien oder Indonesien, wo die Entwaldung weiter voranschreitet. Ob es sich bei dem beobachteten Zusammenhang tatsächlich um eine Kausalität und nicht nur eine Korrelation handelt, wollen Lajaunie und Morand mit Hilfe von Satellitenbildern näher ergründen, etwa über die zeitliche Abfolge der Entwaldung und des Auftretens der Krankheiten.

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