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News: Der lange Atem der Erde

Nachdem im Präkambrium die Cyanobakterien auftauchten und den ersten Sauerstoff produzierten, war die Atmosphäre noch 300 Millionen Jahre lang vollkommen sauerstofffrei. Für Wissenschaftler ist diese Verzögerung bis heute rätselhaft. Gemäß einer neuen Modellvorstellung mussten erst am Meeresboden gebildete Eisenoxide im Zuge der Plattentektonik so weit in das Erdinnere versenkt werden, bis sie aufschmolzen und neue Vulkane bildeten. Das dabei freigesetzte Kohlendioxid veränderte die bis dahin sauerstofffeindlichen Bedingungen in der Atmosphäre.
Vor etwa 2,4 Milliarden Jahren kam es auf der Erde zu einer Eiszeit, deren Zeugnisse bis heute in jenen uralten Gesteinen Afrikas, Kanadas und Australiens überliefert sind. Unterhalb dieser typischen, versteinerten Geschiebelehme finden sich allerorts Hinweise auf reduzierte Eisenverbindungen, die sich nur unter sauerstofffreien Bedingungen bilden konnten. In den darüberliegenden rötlichen Sandsteinen liegt das Eisen hingegen in oxidierter Form vor und beweist damit die Existenz einer Atmosphäre reich an Sauerstoff. Offenbar fiel die Anreicherung mit Sauerstoff der zuvor aus Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Methan bestehenden Atmosphäre also mit dem Kälteeinbruch zusammen.

Interessanterweise gab es aber schon 300 Millionen Jahre zuvor Organismen, die große Mengen Sauerstoff produzierten. Warum der sich aber erst viel später nachweisen lässt, ist eine der Fragen, die sich Lee Klump vom Penn State College of Earth & Mineral Sciences mit seinen Kollegen stellte. Sie entwickelten eine Modellvorstellung, nach der langwierige Vorgänge im Erdinneren schließlich zu unserer heutigen Zusammensetzung der Atmosphäre führten (Summit 2000 Geological Society America Annual Meeting & Exposition vom 9. bis 18. November 2000 in Reno, Nevada).

Bis zu der Eiszeit vor 2,4 Milliarden Jahren förderten Vulkane neben der Lava nur Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Methan. Der Grund ist einfach, denn die Magmenquellen lagen im oberen Mantel, wo stark reduzierende, also sauerstofffreie Verhältnisse herrschten. Doch in den Tiefen der Meere legten diese Vulkane die Grundlage für unsere heutige Atmosphäre. In den Laven aus dem Erdmantel waren nämlich auch große Mengen von Eisen enthalten. Sowie die heißen Gesteine mit dem Meerwasser in Berührung kamen, oxidierte das Eisen, wobei sich der Sauerstoff des Wassers in den neuen Eisenmineralen band und der Wasserstoff in die Atmosphäre entwich.

Infolge der plattentektonischen Prozesse entfernte sich die ozeanische Kruste – einem Fließband gleich – von den ozeanischen Rücken und stieß nach vielen Millionen Jahren auf einen Kontinentalrand. Dort schob sie sich unter die Landmasse und tauchte bis an die Grenze zum Erdkern ab, wo es schließlich zur Aufschmelzung der Gesteine kam. Die Magmen stiegen auf und bildeten neue Vulkane. Diese förderten nun vor allem große Mengen von Kohlendioxid und Wasser, wodurch Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Methan aus der Atmosphäre verdrängt wurden. Ihr Reduktionspotenzial erniedrigte sich und der Sauerstoffgehalt konnte endlich ansteigen. Der Sauerstoff, den die 300 Millionen Jahre zuvor erschienenen Cyanobakterien im Zuge der Photosynthese freisetzten wurde bis dahin nämlich sogleich reduziert.

Damit veränderten sich auch die klimatischen Verhältnisse. Denn vorher glich die Atmosphäre aus Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Methan einem Treibhaus. Zwar ist auch Kohlendioxid ein Treibhausgas, doch war dessen Effekt im Vergleich zu den anderen Gasen geringer. Der Treibhauseffekt kehrte sich also um und es wurde rasch kälter. Die Forscher glauben allerdings, dass die Vereisung nur kurze Zeit dauerte, denn mit den steigenden Kohlendioxidgehalten kam es alsbald zu einer neuerlichen Erwärmung, in dessen Folge die Gletscher wieder verschwanden. Doch der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre ist seitdem bis heute weitgehend konstant geblieben.

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