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News: Enzyme gegen Krebs

RNA-zerstörende Enzyme, die Ribonukleasen, sind ein fester Bestandteil im Arsenal des Immunsystems. Normalerweise bekämpfen sie Viren, Bakterien und Parasiten. Forscher modifizieren diese Proteine, um damit auch Krebszellen zerstören zu können. Ein auf Enzymen des Leopardenfroschs basierendes Mittel wird bereits seit einiger Zeit klinisch getestet. Jetzt gelang es, auch menschliche Ribonuklease gegen Tumorzellen 'scharfzumachen'.
Ribonukleinsäuren (RNA) sind aus dem Leben einer Zelle nicht wegzudenken: Boten-RNA überträgt die Baupläne der Proteinsynthese, andere RNA-Typen sind Teil des biochemischen Apparates beim Aufbau von Eiweißen. Ohne RNA ist also die Zelle nicht existenzfähig. Ribonukleasen sind Proteine, die in der Lage sind, RNA (interaktive 3D-Darstellung) in kleine Schnipsel zu zerschneiden, und zwar tun sie das ohne Ansehen der Herkunft. Sie sind also eine recht gefährliche Waffe, die, sobald sie in eine körpereigene Zelle gelangt, sofort von einem Ribonuklease-Inhibitormolekül (RI) umhüllt wird wie ein Schwert von der Scheide. Sie kann sich also normalerweise nicht gegen körpereigene Zellen richten.

Die potentielle Wirksamkeit des im klinischen Test befindlichen Krebsmedikaments Onconase beruht hauptsächlich darauf, daß die enthaltene amphibische Ribonuklease vom menschlichen RI-Molekül nicht umhüllt wird und deshalb auch auf körpereigene Zellen cytotoxisch wirkt.

Forscher vom US National Institute of Health haben jetzt menschliche Ribonuklease so modifiziert, daß auch sie mit dem Inhibitor keine Verbindung mehr eingehen kann (Nature Biotechnology, März 1999). Bei der Verwendung von tierischen Präparaten besteht immer die Gefahr einer Immunantwort, die den "Fremdkörper" erkennt, angreift und wirkungslos macht. Aus menschlichem Material gewonnene Medikamente verringern dieses Risiko.

Die Wissenschaftler aus der Gruppe von Motoshi Suzuki nahmen sich der Ribonuklease A der Bauchspeicheldrüse an und erreichten eine Resistenz gegen den Inhibitor, indem sie nur eine einzige Aminosäure an eine ganz bestimmte Stelle des Enzymmoleküls einbauten. Diese Aminosäure wirkt dann als Verbindungsstück, an das sich ein recht sperriges Protein anlagern läßt. Das so entstandene Gebilde kann vom RI nicht mehr umhüllt werden, behält aber seine Fähigkeit, RNA zu zerschneiden.

Gleichzeitig ergab sich daraus ein Lösungsansatz für ein anderes bei Krebsmitteln auftretendes Problem: Wie kann das Medikament dazu genutztt werden, nur Tumorzellen zu töten, gesundes Gewebe aber in Ruhe zu lassen? Die Forscher griffen hier eine Besonderheit der kranken Zellen zurück. Diese haben oft ungewöhnlich viele Rezeptoren für das Protein Transferrin auf ihrer Oberfläche. Wenn man nun das Transferrinmolekül selbst oder einen Antikörper für den Rezeptor an die Ribonuklease baut, schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Das Enzym wird unempfindlich gegen den Inhibitor, und es steuert selektiv Krebszellen an.

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