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Erbgut entschlüsselt: Erdbeeren mit 8-fach-Genom

Wie kam die Gartenerdbeere zu acht Chromosomensätzen, und wie funktioniert diese Vielfalt? Eine Analyse zeigt: Große Teile des Genoms stammen aus Asien - aber das amerikanische Erbe gibt den Ton an.
Rote und grüne Erdbeeren am Strauch, mit Strohunterlage.

Ein nahezu vollständiges Referenzgenom der Gartenerdbeere Fragaria × ananassa enthüllt bisher unbekannte Vorgängerarten des Obstes, berichtet eine Arbeitsgruppe um Patrick P. Edger von der Michigan State University in »Nature Genetics«. Außerdem erlaubt es tiefe Einblicke in die Organisation und Entstehung des octoploiden Hybridgenoms, in dem acht Kopien von jedem der sieben Erdbeer-Chromosomen vorliegen. Das Erbgut besteht aus vier Untergenomen, die sich auf vier Vorgängerarten zurückführen lassen – von denen jede zwei Kopien des Genoms besaß. Bei mehreren aufeinander folgenden Hybridisierungen kamen jeweils zwei Chromosomensätze zum Erbgut hinzu. So wanderte nach Ansicht von Edger und seinem Team eine Erdbeerart mit sechs Kopien der Chromosomen aus Asien ins westliche Nordamerika ein und erzeugte vor 1,1 Millionen Jahren mit der auch heute dort noch existierenden Art Fragaria vesca eine Hybride – den Urahn aller octoploiden Erdbeeren. Aus zwei solchen Sorten mit acht Chromosomensätzen, F. chiloensis und F. virginiana, entstand im 18. Jahrhundert die Gartenerdbeere.

Vor Fragaria vesca hatten bereits die in Japan verbreiteten Arten F. iinumae und F. nipponica sowie die eurasische Art F. viridis auf dem Weg nach Osten ihre Genome kombiniert. Bei jeder dieser Hybridisierungen kamen zwei Genome hinzu – und in der Region, in der sich dieser Erbgutzuwachs abspielte, gibt es auch heute noch Erdbeerarten mit vier und sechs separaten Genomen. Das ist keineswegs ungewöhnlich, sondern bei vielen Pflanzen die Norm: Manche Erdbeeren haben bis zu zehn Chromosomensätze. Wie das Team berichtet, führt diese enorme Vielfalt an Genmaterial nur deswegen nicht zum Chaos, weil das Untergenom von Fragaria vesca dominant ist: Dieses Untergenom erwies sich in der Analyse nicht nur als stabiler, sondern verbreitete seine Genausstattung teilweise durch Genaustausch auch in den drei »schwächeren« Chromosomensätzen. Seine Genausstattung bestimmt zum Beispiel den genauen Geschmack, aber auch Wuchsform und Krankheitsresistenz der Erdbeerart. Diese Erkenntnisse reichen über die Erdbeere selbst hinaus, denn viele moderne Nahrungspflanzen sind ebenfalls Hybriden mit mehr als zwei Chromosomensätzen. So zeigen Untersuchungen beim Mais, dass auch dort ein diploides Untergenom dominant ist.

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