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News: Erleuchtete Zellmembranen

Die Zelle ist die Grundeinheit des Lebens, sackartig umhüllt von einer Membran, die an einer Vielzahl von lebenswichtigen Prozessen beteiligt ist. Was dabei aber genau abläuft, liegt häufig noch im Dunkeln - doch ein Multiphotonen-Mikroskop bringt die Erleuchtung.
Biomembran
Es ist ein Spaß für groß und klein, wenn Unterhaltungskünstler in Windeseile aus langen Luftballonwürsten die verschiedensten Tiere und Figuren biegen. So ähnlich kann man sich auch Zellmembranen vorstellen: Wie ein Sack umhüllen sie die einzelnen Zellen, ohne dabei starr zu sein. Beispielsweise können Zellen des Immunsystems Krankheitserreger regelrecht umfließen, um sich die Eindringlinge einzuverleiben und auf diese Weise zu beseitigen. Ebenso befördern Zellen andere Partikel auch wieder nach draußen.

Bisher war es nur möglich, die Kräfte theoretisch zu analysieren, die hinter diesen Formänderungen der Zelle stecken. Jetzt aber ist es Biophysikern von der Cornell University in Ithaca gelungen, mit einem dreidimensional auflösenden Multiphotonen-Mikroskop diesen Umformungsprozess einer Membran sichtbar zu machen.

Zellmembranen sind sehr komplexe Gemische verschiedener Lipide, Proteine und einer Reihe weiterer Substanzen. Deshalb stellten sich Tobias Baumgart und seine Kollegen für ihre Experimente eine künstliche, vereinfachte Membran her, die aus nur drei verschiedenen Lipiden bestand. Um sich die Membran anschließend genauer ansehen zu können, gaben sie unterschiedliche Farbstoffe hinzu, die jeweils bevorzugt an eines der Lipide banden. Diese Fluoreszenzfarbstoffe leuchteten auf, wenn der Laserstrahl des Mikroskops auf sie traf.

Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler beobachten, wie sich in den Membranen der einzelnen Bläschen verschiedene Phasen ausbildeten, also voneinander abgegrenzte Bereiche, die unterschiedlich aufgebaut waren. Zwei der Lipide ordneten sich zu regelmäßig strukturierten Flecken an, die treffenderweise als rafts oder "Flöße" bezeichnet werden. Weil die Zellmembran nicht ein starres Gebilde ist – wie etwa eine Plastikfolie –, sondern die einzelnen Partikel sich innerhalb der Membran bewegen, können die Flöße in der Membran "umherschwimmen".

Umgeben wurden die Flöße von ungeordneteren Bereichen, in denen das dritte Lipid zu finden war. Dabei beeinflusste die Zusammensetzung der Lipid-Mischungen die Entstehung und Strukturbildung der verschieden Phasen, was sich wiederum auf die gesamte Form der Membranbläschen auswirkte.

"Mit diesem Experiment konnte erstmalig gezeigt werden, wie die Energien zwischen den verschiedenen Phasen die Membrangeometrie beeinflussen", erläutert Arbeitsgruppenleiter Watt Webb. Das Team konnte mit seiner Methode die energetischen Spannungen messen, die an den Grenzlinien zwischen den Phasen auftraten – erfreulicherweise bestätigten die beobachteten Wechselwirkungen theoretische Berechnungen, die schon zuvor angestellt worden waren.

Weiterhin beobachteten die Forscher, dass sich bei Temperaturänderungen ein ganzes Sortiment an unterschiedlich geformten und strukturierten Bläschen ausbildete; ein Prozess, den sie auf das Verschwinden der Grenzspannungen mit steigender Temperatur zurückführten und der darin endete, dass die zwei Phasen sich zu einer einzigen vereinigten.

Es wird angenommen, dass solche molekularen Flöße verschiedene Prozesse der Zellmembran mit steuern. Da bisher die Physik nur wenig verstanden war, die hinter der Floß-Bildung steckt, sollen die aktuellen Ergebnisse den Biologen helfen, die Funktionen von Zellmembranen besser zu verstehen. "Dieselben physikalischen Prozesse, die wir an Modell-Membranen beobachten", erklärt Baumgart, "könnten auch bei der Knospenbildung oder Bläschenteilung in Zellen eine wichtige Rolle spielen."

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