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Ernährung: Fehlen Veganern wichtige Aminosäuren?

Veganer essen meist ausreichend Proteine. Eine Studie deutet jedoch darauf hin, dass sie nicht alle notwendigen Aminosäuren erhalten. Allerdings hat die Untersuchung methodische Schwächen.
Eine Person in einer Schürze hält eine Schüssel mit einem bunten Salat, der aus Falafel, Quinoa, Edamame, Gurkenscheiben, Spinat und Sesam besteht. Die Person arrangiert die Zutaten mit einer Pinzette. Der Hintergrund ist unscharf, was den Fokus auf das Essen lenkt.
Ernährt man sich vegan, kommen ausschließlich pflanzliche Lebensmittel auf den Teller. Alle Lebensmittel und Zusatzstoffe tierischer Herkunft werden ausgeschlossen, ebenso Lebensmittel, bei deren Herstellungsprozessen tierische Bestandteile verwendet werden.

Proteine stecken in nahezu jedem Lebensmittel – auch in pflanzlichen. Dennoch glauben viele, nur tierische Nahrung könne den Proteinbedarf decken. Eine Studie im Fachjournal »PLOS ONE« unterstützt diese Annahme teilweise. Demnach nehmen langfristig vegan lebende Menschen zwar ausreichend Proteine zu sich, erreichen aber oft nicht die nötige Menge der wichtigen Aminosäuren Lysin und Leucin, die unter anderem für den Muskelaufbau essenziell sind. Die Aussagekraft der Studie ist jedoch begrenzt: Die Daten basieren ausschließlich auf Selbstauskünften der Teilnehmenden. Zudem fehlen biochemische Kontrollwerte wie etwa Blutanalysen sowie Vergleichswerte einer Kontrollgruppe, die sich auch von tierischer Kost ernährt.

Für die Studie dokumentierten 193 langjährig vegan lebende Erwachsene aus Neuseeland vier Tage lang ihre Ernährung. Die Probanden ernährten sich hauptsächlich von Getreide und Nudeln (37,3 Prozent), gefolgt von Leguminosen und Hülsenfrüchten (26,8 Prozent) sowie Nüssen und Samen (14,2 Prozent). Ersatzprodukte für Fleisch oder Milch spielten kaum eine Rolle. Das Forschungsteam um Bi Xue Patricia Soh von der Massey University in Neuseeland ordnete die Lebensmittel gemäß den Angaben aus Nährwertdatenbanken ein und berechnete daraus die Zufuhr an Proteinen und Aminosäuren. Es berücksichtigte dabei auch, wie gut der Körper die Proteine verwerten kann – den so genannten »True ileal digestibility«-Wert (TID). Der Hintergrund: Unser Körper stellt elf Aminosäuren selbst her, die anderen neun müssen wir mit der Nahrung aufnehmen. Die Verwertbarkeit der Aminosäuren hängt vom jeweiligen Lebensmittel ab. So kann der Körper Proteine aus Hühnereiern zu 100 Prozent verwerten. Sojabohnen liegen knapp dahinter mit etwa 96 Prozent, während Joghurt und Rindfleisch bei ungefähr 83 Prozent beziehungsweise 80 Prozent liegen. Weizenprotein erreicht Werte von lediglich 59 Prozent.

Das neuseeländische Forscherteam berechnete, dass die tägliche Proteinzufuhr bei den meisten Probanden über dem empfohlenen Mindestwert lag. Aber nur etwa die Hälfte der Teilnehmenden kamen mit ihrer Ernährung auf die empfohlenen Mengen für die Aminosäuren Lysin und Leucin, wenn man die Verwertbarkeit berücksichtigt. Diese Ergebnisse decken sich mit früheren Studien, die zeigen, dass Veganer auf ihre Proteinzufuhr achten sollten, um Defizite bei bestimmten Mikronährstoffen und Aminosäuren zu vermeiden. Das Gleiche gilt allerdings für Vegetarier und Fleischesser: Der Speiseplan sollte vielfältig sein.

Doch diesen Aspekt untersuchten die Fachleute nicht. So fehlt eine Kontrollgruppe mit nicht vegan lebenden Menschen, um zu bewerten, inwiefern sie durch ihre Ernährung ausreichend Aminosäuren zu sich nehmen. Weitere Schwächen: Der Beobachtungszeitraum von vier Tagen ist sehr kurz und die Angaben der Teilnehmenden basieren allein auf Selbstbeobachtung – ein Verfahren, das leicht zu Fehl- oder Unterberichterstattung führt. Die Forschenden nutzten zudem lediglich Durchschnittswerte aus Datenbanken und führten keine Analysen der gegessenen Lebensmittel durch; auch gab es keinerlei Blutuntersuchungen oder andere objektive Marker, um einen tatsächlichen Mangel im Körper nachzuweisen. Die Studie berechnet also potenzielle Risiken, liefert aber keine Belege für konkrete gesundheitliche Folgen.

Trotz dieser Einschränkung gibt sie Veganerinnen und Veganern einen wichtigen Hinweis: Nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität der Proteinquellen zählt. Die Studienautoren empfehlen vegan lebenden Menschen, gezielt den Anteil an Hülsenfrüchten wie Linsen oder Sojabohnen im Speiseplan zu erhöhen, um eine ausreichende Versorgung mit Aminosäuren zu gewährleisten.

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  • Quellen
PLOS ONE 10.1371/journal.pone.0314889, 2025

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