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Weltweiter Nahrungsbedarf: Bis zu 80 Prozent mehr in den nächsten 80 Jahren

Allein schon wegen der Bevölkerungszunahme muss die Nahrungsmittelproduktion zulegen. Doch ein wachsender Durchschnitts-BMI setzt das System zusätzlich unter Druck.
Landmaschinen im Einsatz

Im schlimmsten Fall sind es 80 Prozent gegenüber heute: Um so viel müsste die weltweite Nahrungsmittelproduktion steigen, um bis ins Jahr 2100 den wachsenden Ansprüchen der Weltbevölkerung zu genügen. Das berechneten zwei Göttinger Forscher für eine Studie im Fachmagazin »PLOS One«. Sie betrachteten dazu allein die Menge an Kalorien, die jeder Erdenbürger zu sich nehmen muss.

Lutz Depenbusch und Stephan Klasen legten ihren Berechnungen drei Schlüsselfaktoren zu Grunde: die reine Anzahl der Menschen, die auf der Erde leben, sowie deren Durchschnitts-Body-Mass-Index (BMI) und die durchschnittliche Körpergröße. Würde ausschließlich die Kopfzahl zunehmen, stiege der weltweite Kalorienbedarf um etwas über 60 Prozent an, so die Forscher.

Das sei jedoch eine unrealistische Annahme. Erfahrungen mit Schwellenländern hätten gezeigt, dass Verstädterung, wirtschaftlicher Aufschwung und bessere Nahrungsmittelversorgung zu einer allgemeinen BMI-Zunahme und oftmals Übergewicht führten. Als Paradebeispiel dazu ziehen sie Mexiko heran, wo der BMI in den vergangenen Jahrzehnten um 0,37 Prozent pro Jahr zunahm, seitdem die Industrie für die gute Verfügbarkeit von billigen, stark zucker- und fetthaltigen Nahrungsmitteln sorgt. Ein Körper mit höherem BMI verlangt wiederum nach mehr Kalorien, so dass der Gesamtbedarf eines Landes weiter ansteigt.

Ähnliches gilt für die durchschnittliche Körpergröße. Die Forscher orientieren sich hier an Daten aus den Niederlanden, die beschreiben, wie die Einwohnerschaft wegen besserer Gesundheitsversorgung im 20. Jahrhundert immer größer wurde.

Würde nun die Weltbevölkerung hinsichtlich ihres BMI die mexikanische Entwicklung und hinsichtlich der Körpergröße die niederländische Entwicklung nachvollziehen, stiege der globale Kalorienbedarf bis 2100 um weitere 18 Prozent an. Ausgangsjahr ihrer Berechnungen ist dabei immer 2010.

Auf Weltregionen heruntergebrochen werde der dramatischste Zuwachs die Länder südlich der Sahara treffen, erläutern Depenbusch und Klasen in ihrer Studie. Asien, Europa und Nord- und Südamerika dürften hingegen einen stabilen oder gar sinkenden Bedarf erwarten.

Nimmt der Durchschnitts-BMI eines Landes zu, steigt der Kalorienbedarf. Umgekehrt gelte dies aber nicht, so die Forscher: Fehlt es an Nahrungsmitteln oder sind sie zu teuer, sinke nicht der BMI, so die Forscher in einer Pressemitteilung. Stattdessen würden vor allem ärmere Schichten auf »schlechte Kalorien« günstiger Industrieerzeugnisse zurückgreifen – mit den bekannten Folgen: Mangelernährung und steigender BMI.

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