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»Suttonella ornithocola«: Erreger des Meisensterbens identifiziert

Gerade sterben in deutschen Gärten die kleinen Meisen. Was dahintersteckt, war lange rätselhaft. Nun gibt es eine Antwort.
Vor allem Blaumeisen sind betroffen, Kohlmeisen (rechts) weniger stark

Der Erreger des Meisensterbens ist identifiziert: Es handelt sich um das Bakterium Suttonella ornithocola. Es ist wohl dafür verantwortlich, dass seit Anfang März 2020 auffallend viele kleine Singvögel, vor allem Blaumeisen, sterben. Suttonella ornithocola löst bei den Tieren eine Lungenentzündung aus.

Um dem Verursacher des Meisensterbens auf die Spur zu kommen, hatte der Naturschutzbund Deutschland dazu aufgerufen, kranke oder an Krankheit verstorbene Tiere zu melden. Laut einer Pressemitteilung des NABU seien innerhalb von nur zwölf Tagen 13 800 Fälle aus Deutschland gemeldet worden, die etwa 26 000 Vögel betreffen.

Fündig wurden nun zwei Labors: Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) entdeckte den Erreger bei Meisen aus den Landkreisen Ammerland und Diepholz, das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe entdeckte ihn bei vier Blaumeisen aus dem Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen.

Das Bakterium ist erst seit 1996 bekannt. Damals wurde es in Großbritannien beschrieben. Es kommt dort flächendeckend regelmäßig vor, hat aber bisher nicht zu überregionalen Massensterben geführt. Möglicherweise ist die dortige Meisenpopulation besser an den Erreger angepasst, sagt Lars Lachmann, Ornithologe und Vogelschutzexperte beim NABU, im »Spektrum.de«-Interview über das Meisensterben. Im April 2018 sei Suttonella ornithocola erstmals in Deutschland bei kleineren Krankheitsausbrüchen im südlichen Nordrhein-Westfalen nachgewiesen worden. Dass es sich nun über einen großen Teil Deutschlands – betroffen ist ein breiter Streifen vom Saarland bis an die Grenze Thüringens – ausgebreitet habe, sei neu. Auch in Belgien und Luxemburg würden Vögel dem Erreger zum Opfer fallen.

Suttonella ornithocola töte fast ausschließlich Meisen, vor allem die kleinen Arten, von denen die Blaumeise mit Abstand am häufigsten in deutschen Gärten vorkommt, heißt es beim NABU. Doch vermutlich seien auch Tannenmeise, Hauben-, Sumpf- und Weidenmeise betroffen. Seltener würden die größeren Kohlmeisen erkranken.

Typisch für betroffene Meisen ist laut Lachmann ein zerrupftes, verklebtes Gefieder, schleimiger Ausfluss aus dem Schnabel und apathisches Verhalten. Wer ein solches Tier in seinem Garten findet, solle es melden und dann »Vogeltränken und Futterstellen sofort entfernen und frühestens drei oder vier Wochen später wieder in Betrieb nehmen, damit sich nicht noch mehr Tiere anstecken«.

Das Online-Meldeformular des NABU findet sich unter: www.NABU.de/meisensterben

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