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Fremde Welten : James-Webb-Weltraumteleskop entdeckt erstmals Exoplanet

Inmitten der Trümmerscheibe um den Stern TWA 7 klafft eine Lücke. Nun stellt sich heraus: Dort versteckt sich ein Exoplanet – entdeckt hat ihn das James-Webb-Teleskop.
Diese Aufnahme des Very Large Telescope (VLT) der ESO zeigt die lichtschwache Umgebung des Sterns TWA 7 (Mitte, verdeckt mit einer Blende). In der Staubscheibe bilden sich Planeten. Der neue Exoplanet befindet sich im Ring R2 in einer Lücke rechts oben, die mit CC#1 markiert ist (weiße Konturlinien).
Mit Hilfe einer künstlichen Sternenfinsternis ist es dem James-Webb-Weltraumteleskop erstmals gelungen, einen Exoplaneten direkt zu entdecken: Der Exoplanet namens TWA 7 b ist in dieser Aufnahme des Very Large Telescope (VLT) der ESO nicht direkt zu sehen – dafür aber die mit CC#1 markierte Lücke (weiße Konturlinien), die er im Ring R2 der zirkumstellaren Scheibe rund um den noch jungen Stern TWA 7 hinterlassen hat.

Seit seinem Start im Jahr 2021 hat das James-Webb-Weltraumteleskop zahlreiche Entdeckungen rund um Exoplaneten gemacht. Die Spektrografen an Bord des Teleskops eignen sich ausgezeichnet dafür, die Atmosphären solcher Planeten weit außerhalb unseres eigenen Sonnensystems zu untersuchen. Doch auch direkte Beobachtungen von Exoplaneten im infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums sind mit dem James-Webb-Weltraumteleskop möglich, vor allem von jungen Planeten, die sich noch ein wenig Restwärme aus ihrer Entstehungszeit bewahrt haben. Nun verkünden Forschende in dieser Hinsicht im Fachmagazin »Nature« eine Premiere für das JWST: Das Weltraumteleskop hat seinen ersten Exoplaneten aufgespürt, indem es ihn direkt im Infraroten abgelichtet hat.

Die Aufnahme dieses Exoplaneten gelang in der Umgebung eines Sterns mit der Bezeichnung TWA 7, rund 110 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Luftpumpe (lateinisch: Antlia) am Südhimmel. TWA 7 ist rund 6,4 Millionen Jahre alt und als so genannter T-Tauri-Stern noch in einem frühen Stadium seiner stellaren Entwicklung. Der nun dort entdeckte Exoplanet TWA 7 b hat mit rund 30 Erdmassen in etwa die Masse des Saturn und ist damit wahrscheinlich ein Gasriese. Allerdings ist er mit etwa 52 AE (Astronomischen Einheiten) sehr viel weiter von seinem Zentralgestirn entfernt als Saturn mit rund zehn AE in unserem Sonnensystem. Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Anne-Marie Lagrange vom Centre national de la recherche scientifique (CNRS) in ihrer Publikation schreiben, ist der von ihnen entdeckte Exoplanet TWA 7 b mindestens zehnmal leichter als alle bislang direkt beobachteten Exoplaneten.

Er könnte darüber hinaus wichtige Einblicke in die Entstehung von Exoplaneten und Planetensystemen liefern. Denn die Planetenentstehung ist zwar in groben Zügen gut verstanden. Kollabiert eine Molekülwolke zu einem Stern, bildet sich um ihn herum eine Scheibe aus Gas und Staub, welche das Material für die künftigen Planeten liefert. Die nächsten paar Millionen bis Milliarden Jahre ist der noch junge Stern nicht nur von seinen Planeten, sondern auch von einer Art Trümmerscheibe umgeben, in der die Überbleibsel der Planetenentstehung, die so genannten Planetesimale, durch Kollisionen für Nachschub an Staub sorgen. Die frisch gebildeten Planeten hingegen hinterlassen in dieser zirkumstellaren Scheibe Hohlräume, Lücken und Ringe.

Doch obwohl Astronomen solche zirkumstellaren Scheiben bereits beobachtet haben, konnten sie die Ringe und Lücken bislang lediglich als indirekte Hinweise werten. Es war bislang nicht möglich, in solchen Scheiben definitiv Exoplaneten nachzuweisen. So sorgte im Jahr 2008 beispielsweise der erste im sichtbaren Bereich beobachtete Planet Fomalhaut b inmitten der zirkumstellaren Scheibe seines Sterns Fomalhaut für Aufsehen. Einige Jahre später aber entpuppte sich der angebliche Exoplanet lediglich als riesige Staubwolke nach einer Kollision von Planetesimalen.

Der Exoplanet TWA 7 b könnte nun im wörtlichen wie im übertragenen Sinne der so lange gesuchte Lückenfüller sein. Für seine Beobachtungen verwendete das Team um Anne-Marie Lagrange die Kamera MIRI des James-Webb-Weltraumteleskops, die mit einem Koronagrafen ausgerüstet werden kann. Damit können die Forschenden eine künstliche Verfinsterung simulieren und den Stern TWA 7 verdecken. Somit wird auch die lichtschwache Umgebung des Sterns sichtbar, die sonst von seinem Licht überstrahlt werden würde. Bei einer Wellenlänge von 11,4 Mikrometern beobachteten sie das System, das sich praktischerweise fast genau von oben präsentiert, insgesamt vier Stunden lang.

Bereits aus früheren Aufnahmen mit dem Weltraumteleskop Hubble und dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte ESO war bekannt, dass die zirkumstellare Scheibe drei Ringe aufweist. Doch erst das JWST konnte zeigen, was sich inmitten des schmalen Rings in der Mitte verbirgt: ein Exoplanet, der auf der JWST-Aufnahme als kleiner, gelblicher Punkt auftaucht. Die Forschenden konnten ausschließen, dass es sich dabei um ein Objekt aus unserem eigenen Sonnensystem oder um eine Galaxie weiter im Hintergrund handelt. Stattdessen würden ihre Modelle sowie die Tatsache, dass in der unmittelbaren Umgebung eine Art Lücke in der zirkumstellaren Scheibe klafft, darauf hindeuten, dass der kleine, gelbliche Punkt ihrer JWST-Aufnahme tatsächlich ein Exoplanet ist. Laut Modell sollte dieser Exoplanet TWA 7 b eine Masse von rund 100 Erdmassen sowie eine Temperatur von rund 47 Grad Celsius haben und für eine Runde um seinen Stern etwa 550 Jahre brauchen.

Wie die Forscher schreiben, könnten weitere Beobachtungen des Systems Aufschlüsse über die zirkumstellare Scheibe liefern. Außerdem würde sich TWA 7 b als Ziel für direkte spektroskopische Untersuchungen eignen, um mehr über sein Inneres und seine Atmosphäre herauszufinden. Der frisch gebackene Exoplanet TWA 7 b ließe sich dann direkt mit den Gasplaneten in unserem eigenen Sonnensystem vergleichen.

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  • Quellen
Lagrange A.-M. et al., Nature, 10.1038/s41586–025–09150–4, 2025

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