Ungewöhnlicher Leiter: Erstes atomdünnes Material sortiert Elektronen je nach Spin

Erstmals hat eine Forschungsgruppe ein zweidimensionales Material hergestellt, das Elektronen auf ungewöhnliche Weise leitet: Es unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Quantenzuständen der Ladungsträger. Wie das Team um Christian Tusche vom Forschungszentrum Jülich und der Universität Duisburg-Essen in seiner Veröffentlichung vom Juli 2025 berichtet, kann es dafür eine innere Eigenschaft der Teilchen nutzen, die normalerweise verborgen bleibt, den Spin.
Klassische Elektronik basiert auf der negativen Ladung der Elektronen; sie besitzen aber auch einen quantenmechanischen Drehimpuls, der entweder nach oben oder nach unten zeigt. Dieser Spin könnte im Rahmen der »Spintronik« neuartige, energieeffiziente Bauteile für Computer ermöglichen – wenn sich entsprechende Materialien finden und für praktische Zwecke miniaturisieren lassen.
Tatsächlich gibt es sogenannte Spin-Halbmetalle, die nur Elektronen leiten, deren Spin in eine bestimmte Richtung weist. Allerdings spielte sich das Phänomen bei den bisher bekannten Spin-Halbmetallen tief im Inneren der Materialien ab. Für kompakte Chips müsste der Effekt auf der Oberfläche stattfinden.
Genau so ein Material haben die Fachleute um Tusche erstmals hergestellt. Dazu verknüpften sie geschickt zwei verschiedene Effekte in unterschiedlichen Metallen: einerseits die Austauschwechselwirkung, durch die sich Spins parallel ausrichten, andererseits die Spin-Bahn-Kopplung, welche die Bewegung der Elektronen mit ihrem Spin verknüpft. Eisen sorgt für eine gute Austauschwechselwirkung, Palladium ruft eine starke Spin-Bahn-Kopplung hervor.
Das Team verband Eisen- und Palladiumatome zu einer ultradünnen Legierung auf einem Palladiumkristall. Unterstützt durch Computerberechnungen optimierte es dabei das Verhältnis von Eisen zu Palladium für einen möglichst ausgeprägten Effekt. Anschließend vermaß es die elektronischen Eigenschaften des zweidimensionalen Materials: Wie erhofft leitete das neuartige Bauteil lediglich Elektronen mit einer bestimmten Art von Spin. Es funktioniert für die Spintronik also im Prinzip wie eine Diode in der klassischen Elektronik, die Strom in einer Richtung durchlässt und in der anderen sperrt.
Das bei der Herstellung der dünnen Schicht verwendete Verfahren, die sogenannte Molekularstrahlepitaxie, ist in der modernen Halbleitertechnik weit verbreitet. Die neue Entdeckung dürfte sich also leicht mit gängigen Fertigungstechniken verbinden lassen. Der Baukasten der Spintronik ist somit um ein viel versprechendes Teil reicher.
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