Direkt zum Inhalt

News: Es sieht aus wie ein Röntgenlaser...

...ist aber eigentlich keiner. Zwei Wissenschaftlerteams ist es gelungen, mit relative geringem Aufwand kohärentes Licht im Röntgenbereich zu erzeugen. Mit ihrer Technik könnten bald schon mittlere Labors lebende Zellen mit Röntgenstrahlen untersuchen - in einer zeitlichen Auflösung, die bisher selbst großen Instituten versagt blieb.
Zwei Forscherteams konnten laserähnliche Lichtstrahlen erzeugen, die viel kürzere Wellenlängen als herkömmliche Laserstrahlen haben. Die Ergebnisse wurden von einer Gruppe der University of Michigan in den Physical Review Letters sowie von einer Gruppe der Technischen Universität Wien in Science vorgestellt. Sie zeigen, daß mit einem Tischgerät Röntgenstrahlen erzeugt werden können, deren Wellenlänge kurz genug ist, um lebende Zellen abzubilden. Normalerweise sind hierfür riesige, mehrere Millionen Dollar teuere Einrichtungen erforderlich. „Dies ist eine ganz neue und sehr aufregende Technik”, sagt der Physiker Roger Falcone von der University of California, Berkeley.

Die Methode wird als high harmonic generation bezeichnet. Obwohl es sich genaugenommen um keinen Laser handelt, wird ein Laser doch erstaunlich gut imitiert. „Sie würden nicht merken, daß dies kein Röntgenlaser ist”, sagt Margaret Murnane, Physikerin an der University of Michigan, Ann Arbor. Die Röntgenstrahlen wurden erzeugt, indem ultrakurze Schüsse aus Infrarotlasern auf einen kleinen Strahl aus Heliumgas abgegeben wurden. Wie Licht im allgemeinen, besteht auch Laserlicht aus schnell oszillierenden elektrischen und magnetischen Feldern. In diesem Fall ist das elektrische Feld so groß und der Laserblitz so kurz, daß er innerhalb einer einzigen Schwingung ein Elektron aus einem Heliumatom herauslösen und wieder zurückzwingen kann. Durch diese heftige Wiedervereinigung mit seinem Ausgangsatom gibt das Elektron ein hochenergetisches (Röntgen-)Photon ab. Da zahlreiche benachbarte Atome im Gas gleichzeitig vom oszillierenden Licht des Infrarotlasers getroffen werden, sind die vom Gas abgegebenen Röntgenstrahlen kohärent, d.h. sie schwingen im Gleichschritt. Das Ergebnis ist ein laserähnlicher Strahl.

Beide Teams schreiben ihren Erfolg einer verbesserten Lasertechnologie zu. Nach Aussage von Ferenc Krausz, Leiter des Teams an der Technischen Universität Wien, erzeugte seine Gruppe Röntgenstrahlen mit einer Wellenlänge von 2,4 Nanometer (nm), indem sie die Laserpulse auf 5 Femtosekunden kürzten. (Eine Femtosekunde ist der millionste Teil einer milliardenstel Sekunde.) Die Gruppe in Michigan verwendete Impulse von 26 Femtosekunden Dauer, um Röntgenstrahlen mit einer Wellenlänge von 2,7 nm zu erzeugen. „Was die Physik angeht, gibt es in diesen beiden Experimenten nichts grundlegend Neues”, fügt Krausz hinzu.

Die Folgen könnten jedoch trotzdem weitreichend sein. Mit Röntgenstrahlen, deren Wellenlänge unter 4,4 nm liegt, lassen sich lebende Zellen abbilden, da Kohlenstoff dann stärker absorbiert als Wasser. Die Erzeugung kohärenter Röntgenstrahlen in diesem Spektralbereich ist „der Heilige Gral der Forschung mit weicher Röntgenstrahlen”, sagt der Physiker Neal Burnett von der University of Alberta in Kanada, Mitautor des Artikels in Science. Bisher konnten nur große Institute wie das Lawrence Livermore National Lab in Kalifornien lebende Zellen mit Röntgenstrahlen aufnehmen. In diesem Labor befindet sich ein Röntgenlaser, der nur alle 20 Minuten einen Impuls abfeuern kann. Nach Ansicht von Burnett können die neuen Tischgeräte eventuell eines Tages Untersuchungen in weit mehr Labors ermöglichen, bei geringeren Kosten und mit mehr Aufnahmen pro Zeit.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.