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Tagung der ESA in Bremen: Europa ringt um Milliarden für die Raumfahrt

Von der Wettervorhersage bis zur Navigation: Raumfahrt ist nicht nur strategisch wichtig, sondern beeinflusst auch unseren Alltag. In Bremen geht es jetzt um Europas Zukunft im All.
Die Kunststofffigur eines Astronauten in einem weißen Raumanzug mit goldfarbenem Visier steht auf einer sandigen Oberfläche neben dem Modell eines Raumfahrzeugs. Der Hintergrund ist unscharf und zeigt bunte Lichter, die eine futuristische oder außerirdische Umgebung andeuten. Der Astronaut scheint das Raumfahrzeug zu inspizieren.
Fliegen die USA, China und Russland zum Mond, während Europa nur zuschaut? Oder will die europäische Raumfahrtagentur ESA vorne mitmischen? Das sind Fragen, die auf der Ministerratskonferenz in Bremen diskutiert werden.

Welche Rolle soll und will Europa in der Raumfahrt künftig spielen? Das ist die zentrale Frage bei der Ministerratskonferenz der europäischen Raumfahrtbehörde ESA in Bremen. Dort beraten die 23 Mitgliedstaaten über das Budget, das sie in den kommenden drei Jahren für Raumfahrtthemen zur Verfügung stellen wollen. Aus Sicht der ESA braucht es mehr Geld als bisher, um international nicht abgehängt zu werden. Das habe viel mit Unabhängigkeit und Europa als Wirtschaftsstandort zu tun.

Für ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher ist die Tagung der entscheidende Moment in den nächsten Jahren, um Investitionen in die Raumfahrt zu tätigen. Es sei Europas »einmalige Gelegenheit, sich für Ambition statt Zögerlichkeit und Führung statt Zurückhaltung zu entscheiden«. Europa drohe, in Verzug zu geraten. Nicht weil die Expertise fehle, sondern weil die Investitionen unzureichend oder zerstückelt seien.

Aschbacher zufolge ist Europas Anteil an den globalen Investitionen in die Raumfahrt in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Wenn es so weitergehe, riskiere man, vom Rennen ums Weltall ausgeschlossen zu werden. »Ich bin also besorgt«, sagte er der französischen Wirtschaftszeitung »Les Échos«. Entsprechend braucht es aus seiner Sicht nun ein höheres Drei-Jahres-Budget. Aschbachers Vorschlag: 22 Milliarden Euro und damit auch inflationsbereinigt noch einmal mehr als die bisherigen 17 Milliarden Euro.

Deutlich mehr Geld aus Deutschland?

Deutschland ist traditionell eines der Länder, die am meisten Geld zum ESA-Budget beisteuern. Grundsätzlich gilt: Wer viel einzahlt, bekommt auch viel zurück – in Form von Aufträgen an Unternehmen oder für Forschung im eigenen Land. Raumfahrtministerin Dorothee Bär (CSU) kündigte nun zu Beginn der Konferenz an, Deutschland werde rund 5 Milliarden Euro beisteuern. »Wir wollen unser Engagement noch mal ausbauen«, sagte sie. Zuletzt hatte Deutschland 3,5 Milliarden Euro gezahlt. »Wir wollen Schwerpunkte setzen im Bereich der Satellitenkommunikation, der Erdbeobachtung, der Navigation.«

Die Länder Bayern, Baden-Württemberg und Bremen als bedeutendste Raumfahrtstandorte in Deutschland hatten zuvor sogar 6 Milliarden Euro gefordert. »Hier hören wir gute Signale von der Bundesregierung, sehen aber auch, dass zur Erreichung unserer Ziele noch ein Stück fehlt«, sagte ein Sprecher des Bremer Wirtschaftsressorts. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte mit Blick auf die Konferenz: »Unser Anliegen ist es, dass Deutschland hier eine klare Führungsposition einnimmt.« Wenn man auch in Deutschland die Weichen richtig stelle, könne man vom wachsenden Markt der Weltraumaktivitäten einen entscheidenden Anteil nach Europa und Deutschland holen.

Der deutsche Astronaut Alexander Gerst setzt große Hoffnungen auf die Tagung. »Das ist eine ganz große Chance jetzt für Europa«, meint Gerst. Ziel sei, »dass wir entscheiden können, welche Missionen wir machen, und dass wir nicht auf Kooperationen angewiesen sind, die sich vielleicht nicht als so verlässlich erwiesen.«

ESA-Chef Aschbacher sieht die Raumfahrt nicht nur als Wachstumsbranche. Es geht ihm auch darum, Personal und Firmen in Europa zu halten. Zudem soll der Kontinent in der Raumfahrt unabhängiger werden. In den vergangenen Jahren war der Druck auf die ESA, eigenständiger zu agieren, angesichts der geopolitischen Spannungen gewachsen. Infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine fielen die Sojus-Raketen weg. Wegen weiterer Probleme bei Raketen musste die ESA ihre Satelliten und Teleskope teils mit dem US-Unternehmen SpaceX von Elon Musk ins All bringen. Und unter US-Präsident Donald Trump scheint unklar, wie sehr man sich in Europa auf die NASA als engen Partner weiterhin wird verlassen können. (dpa/kmh)

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