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Geologie: Extreme Hitze macht Kontinente stabil

Warum sind die Kontinente hart? Die Antwort auf diese ungewöhnliche Frage löst nicht nur ein Rätsel der Erdgeschichte, sondern gibt auch Hinweise auf neue Rohstoffquellen.
Ein schneebedeckter Berggipfel wird von der aufgehenden Sonne in warmes, goldenes Licht getaucht. Der Himmel ist klar und tiefblau, während die Sonnenstrahlen die schroffen Felswände und die Schneedecke des Berges hervorheben. Die Szene vermittelt eine ruhige und majestätische Atmosphäre.
Wenn die Erdkruste deutlich wärmer wäre, würde sie unter dem Gewicht von Gebirgen wie dem Himalaya buchstäblich zerlaufen.

Die irdischen Kontinente können Gebirge tragen, die bis zu zehn Kilometer hoch sind – und das, ohne unter dem enormen Gewicht zusammenzusacken. Warum das so ist, gibt der Forschung allerdings Rätsel auf. Eigentlich müssten die tiefen Gesteinsschichten der Kontinente sehr heiß und dadurch weich sein. Denn in den kontinentalen Gesteinen sammeln sich radioaktive Elemente wie Uran und Thorium, die Wärme abgeben. Tatsächlich aber ist ausgerechnet die tiefe Erdkruste überraschend arm an diesen Stoffen – sie konzentrieren sich eher in den oberen Schichten. Das macht die Kruste zwar stabil, doch warum das so ist, dafür gibt es bislang keine überzeugende Erklärung.

Nun legt eine Gesteinsuntersuchung von Andrew J. Smye von der Pennsylvania State University und Peter B. Kelemen von der Columbia University in New York nahe, dass extrem heiße Gesteinszonen im unteren Bereich der Kontinente die radioaktiven Elemente aus dem Gestein trennen. Wie sie in der Fachzeitschrift »Nature Geoscience« berichten, müssen die Temperaturendafür über 900 Grad liegen – mehr als 200 Grad heißer als bisher angenommen. Dadurch konnten Uran und Thorium aus ihren Mineralen in geschmolzenes Gestein überwechseln und an die Oberfläche gelangen. So wurden diese Wärme erzeugenden Elemente aus den Tiefen der Kontinente herausgelöst und stiegen mit der Gesteinsschmelze nach oben. Die Bedeutung dieser Erkenntnis reicht jedoch über die reine Geologie hinaus und könnte helfen, bisher unentdeckte Rohstoffquellen zu erschließen. Denn die aufsteigenden Schmelzen enthalten auch andere Elemente, zum Beispiel den begehrten seltenen Erden.

Die Kontinente bestehen aus anderen Gesteinstypen als ozeanische Kruste und Erdmantel der Erde. Sie entwickelten sich einst aus Magma, in dem sich all jene Elemente sammelten, die im Erdmantel schlecht löslich sind – darunter Uran und Thorium. Deshalb enthalten die Kontinente rund 40 Prozent des irdischen Vorrats dieser Elemente – eine enorme Wärmequelle. Und das war erst der Anfang des Problems. Als die Kontinente durch Wind und Wasser zu erodieren begannen, reicherten sich Uran und Thorium in den Sedimenten sogar noch stärker an. Als immer mehr neues Gestein die Schichten unter sich begrub und in die Tiefe drückte, wurden sie zu Wärmflaschen, die die Stabilität der Kontinente bedrohten.

Smye und Kelemen untersuchten nun Sedimentgesteine aus großen Tiefen, die sehr hohen Temperaturen ausgesetzt waren und entdeckten, dass Temperaturen unter 900 Grad den Gehalt an Thorium und Uran nicht veränderten. Gesteine, die auf mehr als 900 Grad erhitzt wurden, hatten allerdings etwa die Hälfte ihrer radioaktiven Elemente verloren. Spuren des entstandenen geschmolzenen Gesteins innerhalb anderer Minerale zeigten dagegen hohe Konzentrationen der Elemente. Auch Simulationen des Verhaltens von Zirkon und Monazit bei diesen Bedingungen stützen die Annahme, dass sie Uran und Thorium abgeben. Zusätzlich enthalten die Schmelzen seltene Erden. Da solche extrem hohen Temperaturen bloß in bestimmten Regionen der Erdkruste auftreten, erklärt die Studie der beiden Forscher nicht nur ein großes Rätsel der Erdgeschichte, sondern gibt auch Hinweise darauf, wo man nach bisher unbekannten Erzvorkommen suchen kann.

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