Extremwetter: Mega-Schneesturm schützte 2022 Grönlands Eis

Mitte März 2022 traf ein heftiges Extremwetterereignis Grönland: Ein atmosphärischer Fluss schaufelte große Mengen an Luftfeuchtigkeit aus Süden in Richtung der arktischen Insel, wo es in der Folge heftig schneite. Schätzungsweise elf Milliarden Tonnen Schnee rieselten auf den Eisschild und verschafften diesem so eine gewisse Atempause, wie Hannah Bailey und Alun Hubbard von der Universität Oulu in Finnland berichten: Die Schneemassen verzögerten im folgenden Frühling die Eisschmelze und wurden zum Teil selbst zu Eis, was das Volumen der Gletscher zumindest zeitweise wieder vergrößerte.
Im Jahresverlauf 2022 verloren die Gletscher dadurch acht Prozent weniger Masse, als es auf Grund der Klimadaten zu erwarten gewesen wäre, kalkulieren Bailey und Hubbard. Der grönländische Eisschild nimmt seit Jahren kontinuierlich an Volumen ab, weil steigende Durchschnittstemperaturen das Eis angreifen und sich die Schmelzperiode im Frühling und Herbst verlängert hat. Allein 2021 reduzierte sich das Eis auf der Insel um 400 Milliarden Tonnen.
Das Ereignis vom März 2022 konnte dies natürlich nur zum Teil ausgleichen. Doch immerhin reduzierten sich die Verluste in jenem Jahr; daran beteiligt waren zwei Effekte: Die starken Schneefälle erhöhten die Albedo der Gletscher, so dass mehr Sonnenstrahlung ins All reflektiert wurde und sich nicht in Wärme umwandelte. Dadurch verschob sich der Beginn der Schmelzperiode um elf Tage nach hinten. Zudem bildete sich aus einem Teil des Schnees Firn und schließlich Eis: Das Ereignis hinterließ eine im Mittel 25 Zentimeter dicke Schicht auf dem Gletscher, die mit Hilfe von Sauerstoffisotopenanalysen nachgewiesen wurde.
Atmosphärische Flüsse, die große Mengen an feuchter Luft über lange Strecken transportieren können, sorgen über Grönland allerdings nicht immer für Schnee. Treten sie etwa im Sommer auf, bringen sie selbst in höheren Lagen Dauerregen, der das Eis zusätzlich angreift. Bei anderen Extremwetterereignissen wie bei Hurrikan »Fiona«, dessen Reste im Spätsommer 2022 nach Grönland zogen, gelangt auch oft sehr warme Luft nordwärts. Damals setzte auf fast 250 000 Quadratkilometer Fläche Schmelze ein.
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