Großwärmepumpen: Zehn Fragen zur Zukunft der Fernwärme

Manchmal braucht es gewaltige Maschinen, damit es zu Hause gemütlich wird. Einige von ihnen ziehen Wärme aus Flüssen, dem Erdboden oder Abwässern und heizen damit hunderttausende Wohnungen – Großwärmepumpen. Noch ist ihre Rolle im deutschen Energiesystem klein, aber Fachleute sind sich einig: In der Fernwärme werden sie die dominante Technologie.
Heute wird das deutsche Fernwärmenetz noch zu 70 Prozent mit fossilen Energieträgern beheizt, allen voran mit Erdgas und Kohle. Großwärmepumpen könnten diesen Teil der Energieversorgung vollständig mit Wärme aus der Umgebung ersetzen. Erste Projekte in Deutschland lassen aufhorchen. Doch so viel versprechend Großwärmepumpen für die künftige Wärmeversorgung auch sind – sie haben eine Kehrseite: die Kosten. Ohne staatliche Förderungen rechnet sich der Betrieb heute nicht. Trotzdem sind sie die günstigste Option, um Menschen klimaneutral mit Fernwärme zu versorgen.
- 1. Was ist eine Großwärmepumpe?
- 2. Wie unterscheiden sich Großwärmepumpen von konventionellen Wärmepumpen am Haus?
- 3. Wo kommen Großwärmepumpen zum Einsatz?
- 4. Warum sind Großwärmepumpen die Zukunft der Fernwärmenetze?
- 5. Wo kommt die Wärme her?
- 6. Welche Rolle spielt die Großwärmepumpe in der Wärmeplanung von Städten und Kommunen?
- 7. Was kostet der Einsatz im Fernwärmenetz?
- 8. Welches sind die spannendsten Großwärmepumpen-Projekte?
- 9. Warum ist Skandinavien Vorreiter in der Anwendung?
- 10. Wie sieht die Zukunft der Großwärmepumpen aus?
1. Was ist eine Großwärmepumpe?
Großwärmepumpen ziehen Wärme aus der Umwelt, heben sie mit Hilfe von Strom auf ein höheres Temperaturniveau und geben sie dorthin ab, wo sie gebraucht wird – zum Beispiel an ein Fernwärmenetz oder an die Industrie. Sie funktionieren dabei nach dem gleichen thermodynamischen Prinzip wie die bekannten kleineren Wärmepumpen in Häusern.
Im Inneren zirkuliert ein Kältemittel mit einem sehr niedrigen Siedepunkt. Es verdampft, sobald es Wärme aus der Umgebung aufnimmt – auch wenn es durch nur fünf Grad kaltes Flusswasser leicht erwärmt wird. Eine Pumpe saugt das gasförmige Kältemittel an und verdichtet es. Dadurch heizt sich das Gas auf, je nach Bedarf auf rund 100 Grad oder noch höher. Anschließend gibt es einen Teil seiner Wärme wieder ab – im Fernwärmenetz an das Wasser, mit dem die Menschen dann ihre Wohnungen beheizen. Währenddessen kühlt das Kältemittel ab, wird wieder flüssig, und der Kreislauf beginnt erneut.
Wie viel Strom eine Wärmepumpe dafür braucht, das heißt wie effizient sie ist, bemisst sich an der »Jahresarbeitszahl«. Diese Kenngröße lässt sich berechnen, indem man die gesamte abgegebene Heizenergie eines Jahres zum Strom ins Verhältnis setzt, den das Gerät dafür verbraucht. Die Jahresarbeitszahl liegt in der Regel zwischen 3 und 4,5. Eine sehr effiziente Wärmepumpe mit einer Jahresarbeitszahl von 5 bringt für jede eingesetzte Kilowattstunde Strom fünf Kilowattstunden an thermischer Energie.
2. Wie unterscheiden sich Großwärmepumpen von konventionellen Wärmepumpen am Haus?
Im Gegensatz zu den kleinen Hauswärmepumpen können Großwärmepumpen große natürliche Wärmequellen auch abseits von Siedlungen anzapfen – Flüsse, Erdwärme, das Meer. Oder sie verwerten Abwärme aus Industrieprozessen. Dafür unterscheidet sich ihre Heizleistung um Größenordnungen von der der kleinen Pumpe im Keller. Mehr Leistung bedeutet dabei: Die Pumpe kann der Umwelt mehr und schneller Wärme entziehen, und sie erzeugt höhere Temperaturen.
Wärmepumpen für Einfamilienhäuser arbeiten typischerweise im Bereich von 5 bis 16 Kilowatt, erst ab thermischen Leistungen von rund 100 Kilowatt spricht man von Großwärmepumpen. Die derzeit stärkste Großwärmepumpe in Deutschland leistet 20 Megawatt. Hauswärmepumpen geben Temperaturen zwischen 25 und 90 Grad Celsius ab, Großwärmepumpen speisen auch Fernwärmenetze mit bis zu 130 Grad. Für Industrieprozesse liefern sie bis zu 200 Grad.
Kleinere Wärmepumpen werden heute am laufenden Band produziert, Wärmepumpen mit mehr als zwei Megawatt sind hingegen Sonderanfertigungen. Druck und Kältemittel im Gerät werden dabei speziell auf die Wärmequelle abgestimmt: Ein Fluss, dessen Temperatur im Jahresverlauf stark schwankt, braucht eine andere Technik als ein Rechenzentrun, das über das Jahr konstant Abwärme liefert.
3. Wo kommen Großwärmepumpen zum Einsatz?
Großwärmepumpen sind tonnenschwere Maschinen und gut 20 Meter lang. Bislang stehen in Deutschland wenige dieser Riesenanlagen, doch Experten prophezeien ihnen im deutschen Energiesystem eine große Zukunft – vor allem im Fernwärmenetz. Das wird heute noch zu gut 70 Prozent mit Gas, Öl und Kohle beheizt. Großwärmepumpen könnten die fossil befeuerten Kraftwerke komplett ersetzen und das Fernwärmenetz stattdessen mit klimaneutraler Wärme beschicken. Neben Fernwärmeunternehmen setzen immer mehr Industriebetriebe auf die Technologie. Sie nutzen beispielsweise Abwärme, um Stoffe zu trocknen oder Dampf zu erzeugen.
4. Warum sind Großwärmepumpen die Zukunft der Fernwärmenetze?
In Städten und dicht besiedelten Regionen lassen sich viele Menschen auf einmal mit klimaneutraler Fernwärme versorgen – sofern die Pumpe mit grünem Strom betrieben wird. Bereits 14 Prozent aller Haushalte sind an eines der 3800 Fernwärmenetze in Deutschland angeschlossen, bis 2045 könnten es laut der Denkfabrik Agora Energiewende mehr als doppelt so viele werden, wenn das Netz entsprechend ausgebaut würde.
Bis 2045 können Großwärmepumpen 70 Prozent der Fernwärme erzeugen
Heute werden die Wärmenetze zu über 70 Prozent mit fossilen Energieträgern beheizt – in erster Linie mit Gas, das in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen verbrannt wird. Immerhin ein Fünftel der Fernwärme stammt bereits heute aus erneuerbaren Quellen: aus Biomasse wie Holz und Abfällen aus der Biotonne. Dieser Teil wird sich in Deutschland allerdings nicht maßgeblich steigern lassen.
Großwärmepumpen können hier in die Bresche springen. »Bis 2045 können Großwärmepumpen 70 Prozent der Fernwärmeversorgung sicherstellen«, schreiben Forschende der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG in einer Studie für die Denkfabrik Agora Energiewende – und damit die fossilen Energieträger in der Fernwärme verdrängen.
5. Wo kommt die Wärme her?
In Deutschland finden sich etliche ergiebige Wärmequellen für Großwärmepumpen. Die größte potenzielle Quelle eignet sich aber nicht: die Umgebungsluft. Da es gerade in der Heizperiode kalt ist, muss die Pumpe dann besonders viel Luft bewegen. Das macht den Betrieb laut und teuer. Ist die Luft nicht nur kalt, sondern auch feucht, vereisen zudem die Wärmeüberträger. Die müssen dann aufwändig abgetaut werden.
Eine äußerst attraktive Quelle ist die Erdwärme, vor allem im Bereich bis 400 Meter Tiefe
Eine äußerst attraktive Quelle ist dagegen die Erdwärme, vor allem im Bereich bis 400 Meter Tiefe. Man spricht hier von oberflächennaher Geothermie. Bohrgeräte können vergleichsweise einfach in solche Tiefen vordringen, und die Temperaturen liegen hier ganzjährig stabil zwischen 5 und 15 Grad. Forschende des Fraunhofer IEG schätzen, dass sich über oberflächennahe Geothermie theoretisch 450 Terawattstunden an Wärmeenergie pro Jahr erschließen lassen. Das allein entspräche zirka 40 Prozent der in Deutschland benötigten Wärme von unter 200 Grad.
Nimmt man noch die mittlere und tiefe Geothermie dazu, die sich weiter unter der Erde abspielt, ließen sich schon knapp 70 Prozent des Wärmebedarfs in Deutschland decken. Interessant sind hier vor allem Bohrungen im Süddeutschen Molassebecken, im Oberrheingraben, im Norddeutschen Becken und in der Rhein-Ruhr-Region, wo Wärmepumpen Temperaturen zwischen 35 und 65 Grad abgreifen könnten. Allerdings sind Bohrungen von mehr als 600 Meter Tiefe höchst anspruchsvoll und teuer – und es besteht die Gefahr, dass die Wärmequelle dann doch nicht so ergiebig ist wie erhofft.
Vergleichsweise einfach lässt sich Wärme aus Oberflächenwasser nutzen, also aus Flüssen, Seen oder dem Meer. Das Potenzial für Deutschland schätzen Experten auf jährlich grob 86 Terawattstunden. Schwierigkeiten bereiten hier die jahreszeitlichen Temperaturwechsel. Der Rhein schwankt beispielsweise über das Jahr zwischen 5 und 25 Grad.
Abwasserkanäle und Kläranlagen sind als Wärmequellen schon deswegen interessant, weil es sie praktisch überall gibt. Im Sommer liegen die Temperaturen hier zwischen 17 und 20 Grad, im Winter bei 10 bis 12 Grad. Entzieht man den Abwässern 3 Grad an Wärme, ließen sich damit pro Jahr insgesamt etwa 31 Terawattstunden an Energie gewinnen.
Eine zumindest regional sehr spannende Wärmequelle ist Grubenwasser aus dem Bergbau. In einigen Teilen Nordrhein-Westfalens muss aus stillgelegten Kohleschächten dauerhaft Wasser abgepumpt werden, damit sich das Gelände darüber nicht weiter absenkt – eine Aufgabe für die Ewigkeit. Das Wasser ist im Mittel 35 Grad warm.
Auch Rechenzentren rücken seit einigen Jahren als Wärmequelle ins Bewusstsein. Werden die stromhungrigen Anlagen mit Luft gekühlt, stünden Großwärmepumpen hier Temperaturen um die 30 Grad zur Verfügung, bei flüssiggekühlten sogar 60 Grad. Die Fraunhofer-Fachleute rechnen vor: Würde man 70 Prozent dieser Abwärme nutzen, ließen sich damit bereits heute 16 Terawattstunden an Wärme erzeugen.
6. Welche Rolle spielt die Großwärmepumpe in der Wärmeplanung von Städten und Kommunen?
Bis Mitte 2026 müssen Kommunen mit mehr als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern einen Wärmeplan erstellen, kleinere haben noch bis Mitte 2028 Zeit. So will es das Wärmeplanungsgesetz. Die Kommunen müssen entscheiden, wie sie ihre Wärmeversorgung klimaneutral gestalten. Fernwärmeanbieter müssen ihre Netze schon bis 2030 zu 30 Prozent aus erneuerbaren Energien oder Abwärme speisen, bis 2040 zu 80 Prozent.
»Die Großwärmepumpe wird in den Wärmenetzen die dominante Technologie«Anna Billerbeck, Energiewissenschaftlerin
Mehr als ein Drittel aller verpflichteten Kommunen haben schon einen entsprechenden Plan aufgestellt – und es ergibt sich bereits ein klares Bild: »Großwärmepumpen spielen eine große Rolle«, sagt Energiewissenschaftler Martin Pehnt vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg. Er hat die Wärmepläne von mehr als 100 verpflichteten Kommunen in Baden-Württemberg ausgewertet. »Wir haben in ungefähr der Hälfte der Wärmepläne Großwärmepumpen, die Wärme aus natürlichen Gewässern, aus der Erde oder aus Abwasser nutzen«, analysiert Pehnt. Diese starke Rolle von Großwärmepumpen in den Planungen »spiegelt damit auch ein Bild wider, das wir auch auf Bundesebene als sinnvoll erachten«. Die Energiewirtschaftlerin Anna Billerbeck vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI bestätigt: »Die Großwärmepumpe wird in den Wärmenetzen die dominante Technologie.«
7. Was kostet der Einsatz im Fernwärmenetz?
Die schlechte Nachricht zuerst: In Deutschland rechnen sich Großwärmepumpen derzeit nicht. Betreiber sind auf staatliche Förderung angewiesen. Unter anderem liegt das an den hohen Stromkosten, aber auch an mangelnder Erfahrung, wie man Großwärmepumpen optimal ins Wärmenetz einbindet. Allerdings lässt sich die Kostenbewertung auch positiv wenden: »Dezentrale Wärmepumpen und Wärmenetze sind die kostengünstigsten Optionen für eine klimaneutrale Gebäudewärme«, sagt Billerbeck. »Die Studienlage ist hier eindeutig.«
Eng verbunden mit Großwärmepumpen ist der ebenfalls kostspielige Ausbau des Fernwärmenetzes. Jeder Meter Straße, der dafür aufgerissen wird, kostet ungefähr 1000 Euro. Eine Mammutaufgabe für die Fernwärmeanbieter, die ihre Energieversorgung teilweise erst von Kohle auf Gas umgestellt haben und denen nun die Mittel für weitere Großprojekte fehlen.
Um Fernwärmenetze klimaneutral zu machen und ihr Potenzial bestmöglich auszuschöpfen, müssten Jahr für Jahr Großwärmepumpen mit einer Gesamtleistung von vier Gigawatt sowie 800 Kilometer neue Wärmetrassen gebaut werden, schätzt die Denkfabrik Agora Energiewende. Bis 2045 wären dafür jährliche Investitionen von fünf Milliarden Euro fällig. Etliche Versorger dürfte das überfordern, liegen die nötigen Investitionen doch teilweise um ein Vielfaches über dem Wert ihrer bestehenden Anlagen und Netze.
8. Welches sind die spannendsten Großwärmepumpen-Projekte?
Noch spielt die Großwärmepumpe im deutschen Energiesystem eine untergeordnete Rolle. Trotzdem kann die Technologie hier zu Lande bereits mit einigen Superlativen aufwarten. In Mannheim versorgt die europaweit größte Flusswasserwärmepumpe seit dem Jahr 2023 rund 3500 Haushalte mit Wärme. Die 20 Megawatt starke Anlage durchströmen pro Sekunde 700 Liter Rheinwasser. Das kühlt sich dabei um zwei bis fünf Grad ab.
Auf der anderen Flussseite, in Ludwigshafen, baut der Chemieriese BASF eine gewaltige Wärmepumpe. Mit einer Heizleistung von 120 Megawatt ist die fußballfeldgroße Anlage unter den zahlreichen Wärmepumpen, die aktuell von Industrieunternehmen geplant oder gebaut werden, die spektakulärste. Sie erzeugt Dampf für die Herstellung von Ameisensäure und nutzt dafür grünen Strom und Abwärme aus einem Kühlwassersystem. Weltweit gibt es keine vergleichbare Anlage dieser Größe. Sie soll einmal sieben Prozent des Dampfbedarfs des Unternehmens decken.
Weiter rheinabwärts sorgt Köln für Konkurrenz um den Titel für die europaweit größte Flusswärmepumpe. Dort baut der örtliche Energieversorger drei Großwärmepumpen mit insgesamt 150 Megawatt Heizleistung. Ab 2027 sollen sie rund 50 000 Haushalte mit klimaneutraler Fernwärme versorgen.
Zu den größeren Anlagen in Deutschland gehört außerdem eine 20-Megawatt-Wärmepumpe in Stuttgart, die Abwärme aus einem Müllheizkraftwerk nutzt und damit 10 000 Haushalte versorgt, sowie eine 8-Megawatt-Anlage auf dem Potsdamer Platz in Berlin, die aus der Abwärme einer großen Kühlanlage 30 000 Haushalten Warmwasser bringt und im Winter immerhin noch 3000 Haushalten Raumwärme. Hamburg und Wien setzen auf Klärwerke als Wärmequelle. Die Hansestadt will so noch im Jahr 2025 insgesamt 39 000 Haushalte mit Wärme versorgen, die österreichische Hauptstadt ab 2027 sogar 120 000.
Was hier zu Lande neu entsteht, ist in Skandinavien teilweise schon seit Jahrzehnten im Einsatz. Im schwedischen Göteborg ziehen bereits seit 1985 fünf Wärmepumpen mit einer Heizleistung von insgesamt 160 Megawatt Wärme aus dem Abwasser der Stadt und versorgen damit das Fernwärmenetz. Stockholm betreibt das weltweit leistungsstärkste Netz von Wärmepumpen: sieben Anlagen mit zusammengenommen 215 Megawatt thermischer Leistung. Die weltweit stärkste einzelne Großwärmepumpe steht im dänischen Esbjerg. Die 60 Megawatt starke Anlage zieht Wärme aus dem Meer und versorgt damit seit Anfang 2025 etwa 25 000 Haushalte.
9. Warum ist Skandinavien Vorreiter in der Anwendung?
Norwegen ist der Spitzenreiter: Großwärmepumpen erzeugen hier 13 Prozent der Wärme. Doch auch in Schweden, Finnland und Dänemark speisen die Pumpen mit acht, vier und zwei Prozent viel Wärme ins System. Das Verhältnis von Strom- zu Gaspreisen ist in diesen Ländern besonders günstig und macht den Betrieb von Großwärmepumpen wirtschaftlich. In Finnland, Schweden und Norwegen kostet Strom laut einer Analyse des Fraunhofer IEG kaum mehr als Gas – in Deutschland ist er um das Fünffache teurer. Schon seit Anfang der 1990er Jahre besteuern die vier Länder den CO2-Ausstoß im Wärmemarkt, und sie fördern Investitionen in Großwärmepumpen. Die ersten wurden in Schweden bereits in den 1980er Jahren in Betrieb genommen. In der Bevölkerung ist die Akzeptanz für die Technologie hoch.
»Dänemark hat es geschafft, eine extrem hohe Quote von Gebäuden in sehr überschaubarer Zeit mit einem heute sehr effizienten Wärmenetz zu versorgen«Dirk Müller, Klimatechniker
Als Best-Practice-Beispiel für die Einführung von Großwärmepumpen gilt Dänemark. Schlüssel ist hier eine politisch gesteuerte Wärmeplanung, die unter anderem auf einfache Genehmigungsprozesse setzt. Auch Klimatechniker Dirk Müller von der RWTH Aachen bewertet das dänische Vorgehen positiv: »Die haben an vielen Stellen mit Anschlusszwang gearbeitet, was bei uns in der Vergangenheit immer sehr negativ diskutiert worden ist«, sagte er gegenüber dem Science Media Center. »Sie haben es aber dadurch geschafft, eine extrem hohe Quote von Gebäuden in sehr überschaubarer Zeit mit einem heute sehr effizienten Wärmenetz zu versorgen.«
Energietechniker Andrej Jentsch vom Heizkraftwerk- und Fernwärmeverband AGFW schränkt mit Blick auf einige sehr leistungsstarke Wärmepumpensysteme in skandinavischen Städten jedoch ein: »Diese Anlagen können als Inspiration, aber weniger als direkte Vorbilder angesehen werden.« Der deutsche regulatorische Rahmen unterscheide sich wesentlich vom skandinavischen, und auch die Fernwärmenetze seien historisch bedingt anders aufgebaut. »Grundsätzlich kann ein Blick nach Skandinavien jedoch helfen, viel versprechende Lösungen zu identifizieren.«
10. Wie sieht die Zukunft der Großwärmepumpen aus?
Die Herausforderungen sind also enorm. Trotzdem könne Fernwärme künftig zu ähnlichen Preisen angeboten werden wie Wärme aus dezentralen klimaneutralen Heizungen wie Wärmepumpen, schätzt Agora Energiewende. Die Politik müsse aber dafür sorgen, dass Betreiber von Großwärmepumpen günstigeren Strom bekommen, und sie müsse einen verlässlichen und finanziell gut ausgestatteten Förderrahmen schaffen, der über Legislaturperioden hinaus Bestand habe. Laufen aktuelle Förderinstrumente dagegen aus, könnten laut Schätzung der Denkfabrik die Kosten für Fernwärmekunden ab Mitte der 2030er Jahre um bis zu ein Drittel steigen. Eines ist damit gewiss: Die Technik für die Wärmewende steht bereit; doch die Politik muss dafür sorgen, dass wir sie uns auch leisten können.
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