Direkt zum Inhalt

News: Farbenfrohe Tarnung

Wer anderen auflauern will, sollte sich gut verstecken. Und wenn er sich dafür noch einen so exponierten Aufenthaltsort aussucht wie eine Blüte, dann sollte er sich gleichzeitig wirkungsvoll vor Fressfeinden schützen. Krabbenspinnen vollführen das Tarnmanöver, ihre Körperfarbe für Beute- wie für Räuberaugen der Blütenfarbe möglichst genau anzupassen. Aber das gelingt nicht immer.
Krabbenspinne
Nur ja nicht gesehen werden, ist das lebenswichtige Ziel von Krabbenspinnen wie Thomisus onustus. Sie lauern in Blüten auf ihre Beute – ahnungslose Insekten auf Nektarsuche. Damit sitzen die Achtbeiner aber auf dem Präsentierteller für hungrige Vögel, die sich den Leckerbissen wohl kaum entgehen ließen. Um sich möglichst unsichtbar zu machen, passen die Spinnenweibchen daher ihre Körperfarbe den bunten Blütenblättern an.

Der Chamäleontrick erscheint auf den ersten menschlichen Blick perfekt. Doch viele Tiere sehen die Sache ganz anders: Die Lichtsinneszellen ihrer Augen reagieren auf verschiedene Wellenlängenbereiche, darunter auch UV-Licht. UV-, Blau- und Grün-Rezeptoren treten sowohl bei Insekten als auch Vögeln auf, die zusätzlich noch Rot-empfindliche Zapfen besitzen. Die Empfindlichkeit und die Zahl der Rezeptoren schwanken jedoch so stark, dass es den Spinnen kaum gelingen kann, sich vor beiderlei aufmerksamen Augenpaaren zu verbergen.

Marc Théry vom Muséum National d'Histoire Naturelle und Jérôme Casas von der Université de Tours untersuchten mithilfe der Spektroradiometrie, wie gut den Achtbeinern das Versteckspiel auf Grüner Minze (Mentha spicata) und Jakobs-Greiskraut (Senecio jacobaea) gelingt. Die Minze-Blüten sind für menschliche und Vogelaugen rosa-violett, während sie für Insekten blaugrün erstrahlen. Das Greiskraut leuchtet für uns einheitlich gelb, für Vögel und Insekten unterscheidet sich jedoch das Zentrum von den verlängerten Kronblättern der randständigen Blüten: Hier ergänzt UV-Licht das gelbe beziehungsweise für Insekten blaugrüne Farbspektrum.

Für die Spinnen hat das weitreichende Folgen. In den Minzeblüten und im Zentrum des Greiskrauts gut getarnt, bilden sie auf den Randblüten einen auffälligen Kontrast für Feind wie Beute. Während hier der Jagderfolg für die Achtbeiner mager ausfallen und jede Sekunde zuviel lebensgefährlich wird, sind sie im Innern nicht von der Blüte zu unterscheiden.

Viel weniger erfolgreich ist Thomisus onustus allerdings, wenn Vögel und Bienen die bunte Welt außer Acht lassen und sich auf achromatisches Sehen stützen. Denn dann heben sich die Tarnkünstler auf der Minze wie im Zentrum des Greiskrauts als helleres und auf den randständigen Blüten als dunkleres Objekt ab. Für den nahen Verwandten Misumena vatia ist auch das kein Problem mehr: Die Krabbenspinne passt ihr Aussehen auch im farblosen Bereich den beherbergenden gelben Blüten an. Alles eine Frage des Kontrasts.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.