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News: Federkiel als Flugschreiber

Ein Neutron mehr oder weniger in den Federn - das fällt zwar nicht sonderlich ins Gewicht, verrät aber, wo und wann ein nordamerikanischer Blaurücken-Waldsänger gespeist hat. Aufgrund der Isotopenzusammensetzung konnten Forscher ihr Zugverhalten nachvollziehen und die ökologischen Ursachen für ihren regionalen Rückgang verstehen.
Wie beobachtet man einen Zugvogel? - Von all den Waldsängern, die Wissenschaftler in den Vereinigten Staaten und Kanada innerhalb der letzten 20 Jahre mit Erkennungsbändern verziert haben, haben sie am Reiseziel in der Karibik nur einen wieder getroffen, resümiert Dustin Rubenstein vom Dartmouth College in Hanover, New Hampshire. Peilsender und DNA-Tests hätten auch nicht die erhofften Ergebnisse geliefert, Satellitenüberwachungen sind schlicht zu teuer.

Die Antwort auf die Frage liegt im Gefieder der Vögel - und zwar in der Isotopenzusammensetzung. Mit ihrer Hilfe konnten sich Rubenstein und seine Kollegen auf ein paar Stippvisiten an zehn Brutplätzen im Osten Nordamerikas und elf Winterlagern auf den Großen Antillen beschränken. Dort stibitzten sie insgesamt 700 Federn und bestimmten die Verhältnisse der stabilen Isotope von Kohlenstoff und Wasserstoff.

Die Verteilung dieser unterschiedlich schweren Atome ein und desselben Elements ist das Resultat verschiedener Fraktionierungsprozesse. Je nach geografischer Lage sind die Isotopenverhältnisse deshalb unterschiedlich - aber charakteristisch. Und je nachdem, wo die Vögel ihre Nahrung finden, konservieren sie die lokale Isotopensignatur in ihren nachwachsenden Federn.

Zwar vermögen die Forscher so keine einzelnen Vögel wiederzuerkennen. Sie können aber beispielsweise bei einem karibischen Überwinterer feststellen, in welchem Brutgebiet in Nordamerika er den letzten Herbst verbrachte.

Denn weder in den Sommer- noch in den Winterresidenzen kommt es zu einer tiefgreifenden Durchmischung. Das ermöglichte den Wissenschaftlern eine Zuordnung der einzelnen Gruppierungen innerhalb der Population.

Demnach überwintern Blaurücken-Waldsänger (Dendroica caerulescens) aus den nördlicheren Heimatgebieten auf den westlichen Großen Antillen, Kuba und Jamaika - ihre weiter südlich beheimateten Artgenossen dagegen bevorzugen die Inseln Puerto Rico und Hispaniola.

Die Federn aus Haiti, der westlichen Hälfte der Insel Hispaniola, zeigten, dass sich dort speziell das Winterquartier der Gruppierungen aus dem südlichsten Bereich der Brutgebiete befindet - eine Gruppierung die in ihrer Heimat aus bisher ungeklärter Ursache stetig abnimmt.

Haiti leidet von allen Inseln der Großen Antillen am stärksten unter Abholzungen. Dadurch könnte der winterliche Rückzugsraum maßgeblich gestört werden, was seinerseits den Rückgang in der nordamerikanischen Heimat erklärte.

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