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News: Flache Schichten

Vor rund achtzehn Monaten bewies ein neuer Supraleiter sein Talent. Nun zeigten Wissenschaftler, wie er in technisch brauchbare Form zu bringen ist.
Magnesiumdiborid
Seit Wissenschaftler entdeckten, dass die schlichte Verbindung Magnesiumdiborid bei auch vergleichsweise hohen Temperaturen noch widerstandslos den elektrischen Strom leitet, gilt das Material als Star unter den Supraleitern. Dabei ist seine Sprungtemperatur – das ist der Wert, auf den man mindestens abkühlen muss, um Supraleitung zu erreichen – mit 39 Kelvin zunächst einmal gar nicht so aufregend hoch. Immerhin leiten bestimmte Kupferoxidkeramiken noch jenseits von hundert Kelvin widerstandslos.

Diese so genannten Hochtemperatur-Supraleiter sind jedoch in der Regel spröde und lassen sich deshalb nicht sonderlich gut verarbeiten – ein Nachteil, den das metallische Magnesiumdiborid nicht besitzt. Ferner ist die Allerweltsverbindung schnell hergestellt und deshalb unschlagbar günstig. Einen Haken gab es bislang indes schon: In dünnen Schichten ließ es sich bislang nur widerwillig abscheiden. Und gerade diese dünnlagigen Materialien benötigt die Industrie, um supraleitende Schaltkreise herzustellen, die prinzipiell das Zeug dazu hätten, Informationen noch schneller zu verarbeiten, als es mit herkömmlicher Silicium-Technik möglich ist.

Und auch SQUIDs (superconducting quantum interference devices) – das sind hochpräzise Sensoren für schwache Magnetfelder, die beispielsweise in der Magnetresonanztomographie eingesetzt werden – bauen auf dünne, supraleitende Schichten. Bisher verwendeten die Hersteller deshalb Niob, weil es sich leicht in dieser Form abscheiden lässt. Doch dieses Metall muss mindestens auf 9,3 Kelvin abgekühlt werden, was im Prinzip nur mit teurem flüssigen Helium gelingt. Magnesiumdiborid wäre also erste Wahl, wenn nicht das Problem der dünnen Schichten bestünde.

Nun scheint Rettung in Sicht, denn Forscher der Pennsylvania State University und der University of Michigan in Ann Arbor gelang es nun, lupenreine MgB2-Schichten abzuscheiden. Der Trick von Xianghui Zeng und seinen Kollegen besteht im Prinzip darin, nicht die reinen Ausgangsstoffe Magnesium und Bor zu verdampfen und abzuscheiden, wie es andere Gruppen zuvor versuchten, sondern stattdessen den Magnesiumdampf unter hohem Druck mit Diboran, einer gasförmigen Bor-Wasserstoff-Verbindung, zu vermischen.

Dazu verdampften die Forscher das Magnesium bei rund 700 Grad Celsius. Aufgrund der hohen Temperatur schied sich das Metall jedoch zunächst nicht auf dem Substrat ab. In dem Moment, in dem die Forscher aber das Diboran in die Kammer einleiteten, begann sich ein dünner MgB2-Film zu bilden. Der hohe Gasdruck sowie der Wasserstoff des Diborans verhinderten offenbar wirkungsvoll, dass Magnesiumoxid entstand und so den wachsenden Supraleiter verunreinigte.

In vorangehenden Versuchen hatten Wissenschaftler bereits versucht, eine bestehende Borschicht durch Erhitzen in Gegenwart von Magnesiumdampf in einen MgB2-Film zu wandeln. Zwar waren die supraleitenden Eigenschaften des Materials durchaus brauchbar, allerdings war es viel zu rau, als dass es für anspruchsvolle technische Aufgaben getaugt hätte.

Bei einer anderen Methode, bei der Magnesium und Bor im richtigen Verhältnis zueinander gleichzeitig auf dem Substrat abgeschieden wurden, stimmte zwar die Oberflächenbeschaffenheit des Films. Doch waren die elektrischen Eigenschaften nicht zufriedenstellend: Die Sprungtemperatur war zu niedrig und der Widerstand bei hohen Temperaturen war zu groß – eine Folge von Verunreinigungen durch Magnesiumoxid, das sich bei diesem Herstellungsprozess bildet.

Das neue Verfahren kennt diese Nachteile nicht und scheint tatsächlich die gewünschten Filme hervorzubringen. Zudem ist die Ausrüstung anspruchslos, sieht man einmal von den Sicherheitsvorkehrungen ab, die der Umgang mit Diboran erfordert. Laut John Rowell von der Northwestern University in Evanston wären damit sowohl SQUID-Detektoren als auch Prozessor-Chips möglich, die bei 20 Kelvin arbeiten – einer Temperatur, die sich durchaus auch ohne die Hilfe von flüssigem Helium erreichen lässt.

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