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Karnivore Pflanzen: Eine Blume, die Insekten vertilgt

Ein Sumpfgewächs in Nordamerika hat sich als Fleisch fressende Pflanze entpuppt. Ungewöhnlich: Sie vertilgt Mücken mit dem Stängel und lässt Bestäuber am Leben.
Triantha occidentalis

In der Biologie ist Triantha occidentalis längst bekannt. Allerdings wusste man bislang nicht, dass die Pflanze ihre Nährstoffe auch aus dem Verzehr kleiner Insekten bezieht. Das Gewächs, das in den Sümpfen entlang der nordamerikanischen Westküste vorkommt, hat dabei eine besondere Strategie entwickelt, schreiben Qianshi Lin von der University of British Columbia und seine Arbeitsgruppe im Fachmagazin »PNAS«. So vertilgt Triantha occidentalis Insekten, die an ihrem klebrigen Blütenstiel hängen bleiben. Aber offenbar nicht alle: Für größere Tiere wie Bienen und Schmetterlinge ist der Haftmechanismus nicht stark genug. Aus gutem Grund, denn die Pflanze braucht sie als Bestäuber.

Bisher kannten Forscherinnen und Forscher kaum karnivore Pflanzenarten, die mit dem Blütenstängel, genauer gesagt mit ihrer Blüten tragenden Sprossachse, Insekten vertilgen und ihre Beute derart nah an der Blüte einfangen. T. occidentalis ist zudem die erste bekannte Spezies aus der Ordnung der Froschlöffelartigen (Alismatales) und der ihr untergeordneten Familie der Simsenliliengewächse (Tofieldiaceae), die sich zu großen Teilen von Insekten ernährt. 64 Prozent seines Stickstoffs bezieht das Gewächs aus kleinem Getier. Dieser Anteil an Stickstoff entspricht ungefähr dem bei anderen Fleisch fressenden Pflanzen.

Hängen geblieben | Am Stängel eines Exemplars von Triantha occidentalis haften kleine Insekten. Nun werden sie allmählich durch ein Enzym aus den klebrigen Drüsenhaaren verdaut.

Lin und seine Kollegen kamen dem Pflanzenverhalten durch eine vorangegangene DNA-Analyse auf die Spur. Die ergab, dass T. occidentalis genau jenes Gen fehlt, das auch anderen karnivoren Arten abgeht. Um ihren Verdacht zu erhärten, verfütterten die Biologen in einem Moor in der kanadischen Provinz British Columbia Taufliegen (Drosophila melanogaster) an die Blumen. Zuvor hatten sie den kleinen Ködern ein stabiles Stickstoffisotop verpasst. Und tatsächlich ließ sich das Element anschließend in den Pflanzen nachweisen. Die Insekten waren offenbar gefressen worden.

Zudem fand die Forschergruppe heraus, dass T. occidentalis ihre Beute selbst verdaut und sie nicht wie einige andere Fleischfresser zuvor von Mikroben vorverdauen lässt. Die nordamerikanische Sumpfblume besitzt dafür bestimmte Enzyme, so genannte Phosphatasen, die sie über ihre klebrigen Drüsenhaare am Blütenstiel abgibt.

An den Härchen scheinen überdies nur kleine Mücken und Käfer hängen zu bleiben. Für größere Insekten sind sie zu schwach. Damit erklärt sich laut Lin, warum die Drüsenhaare auch nah an der Blüte sitzen, die ja von Schmetterlingen und Bienen angesteuert wird. Diese können als Bestäuber fungieren, ohne sich in den Fleisch verzehrenden Härchen zu verheddern.

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