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Evolution: Fliege vererbt Bakterium als Parasitenschutz

Das Verhältnis zwischen Parasiten und ihren Wirten ist gespannt. Während die einen schmarotzen, liegt den anderen viel daran, dies zu verhindern. Kann ein Wirt aufgrund seiner genetischen Konstitution den Parasiten eindämmen, vererbt er diesen Vorteil an seine Nachkommen und wappnet auch diese besser gegen den Schmarotzer. Doch wie bekämpft man einen neu aufgetretenen Parasiten, gegen den noch kein Gen hilft?

Spiroplasma-Bakterium | Der spiralförmige Mikroorganismus – hier mit einem grün fluoreszierenden Protein markiert – ist bei weiblichen Fliegen der Gattung Drosophila ein willkommener Gast, weil er sie gegen den parasitierenden Fadenwurm Howardula aoronymphium schützt.
Der Biologe John Jaenike von der University of Rochester, USA, konnte jetzt beobachten, dass sich Taufliegen in diesem Fall Hilfe von außen holen. Einige Vertreter der Gattung Drosophila werden seit rund 30 Jahren von dem in die USA eingeschleppten Nematoden Howardula aoronymphium parasitiert. Er bohrt sich durch die Haut der jungen Weibchen und führt bei den erwachsenen Tieren unweigerlich zur Sterilität. Jaenike fand heraus, dass eine gleichzeitige Infektion mit einem Bakterium namens Spiroplasma das Wachstum der Fadenwürmer eindämmt und die Unfruchtbarkeit verhindert.

Ungebetene Gäste | Von dem Nematoden Howardula aoronymphium parasitiertes Drosophila-Weibchen. Der Fadenwurm (unten rechts) legt seine Eier in weiblichen Fliegenlarven ab. Die sich entwickelnden kleinen Nachkommen füllen anschließend den gesamten Hinterleib der erwachsenen Fliege aus und verhindern so die Entwicklung des Eiapparates.
Indem die Weibchen der Fliege ihre Gelege mit der Mikrobe infizieren, lassen sie auch ihrer Brut diesen Schutz zukommen. Die Spiroplasmen-Infektion betrifft deshalb laut Jaenike inzwischen schon die meisten Fliegenpopulationen im Osten Nordamerikas und breitet sich zügig in den Westen aus. Der Wissenschaftler deutet dies als einen Anpassungsmechanismus, mit dem die Fliegen den Nematoden nach sehr kurzer Zeit eine Defensivstrategie entgegensetzen konnten. Dabei schaffen sie es, eine nicht genetisch fixierte Lösung trotzdem auf ihre Nachkommenschaft zu übertragen – frei nach dem Motto: warum selbst erfinden, was andere schon längst können?
(nw)

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  • Quellen
Jaenike, J. et. al.: Adaptation via Symbiosis: Recent Spread of a Drosophila Defensive Symbiont. In: Science 329, S.212–215, 2010.

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