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News: Fliegende Trümmerhaufen

Möglicherweise ähneln einige Asteroide eher einem Schweizer Käse als einem spröden dichten Felsbrocken, der beim Aufprall zerschellt. In Laborversuchen haben Forscher ähnliche Krater erzeugt wie sie der Asteroid Mathilde aufweist. Sie vermuten daher, daß einige Asteroiden die Kollisionsenergie absorbieren, wenn andere Objekte auf sie eintrommeln. Dabei fallen sie nicht auseinander, sondern verdichten sich und werden immer kleiner.
Das Raumschiff NEAR (Near Earth Asteroid Rendevous) hat 1997 Bilder von dem Asteroiden Mathilde aufgenommen. Der Asteroid hat einen Durchmesser von 53 Kilometern, die Form einer Kartoffel und ist übersät mit riesigen Kratern. Es stellt sich die Frage, wie Mathilde bei diesem Beschuß überhaupt überleben konnte, denn der Durchmesser des größten Kraters beträgt mehr als 60 Prozent ihres eigenen Durchmesser. Gravitationsmessungen von dem Planetoiden erbrachten, daß seine Dichte kaum höher ist als die von Wasser, was Forscher zu der Spekulation veranlaßt hat, daß der Asteroid ein locker zusammengehaltener Trümmerhaufen ist, der nur knapp durch seine eigene Gravitation zusammengehalten wird. Inzwischen hat NEAR eine andere Koriosität entdeckt: Mathildes Krater fehlen die für Asteroidenkrater typischen Fransenringe aus Steinschutt, welche die Einschläge auf anderen Planetoiden säumen.

Der Planetologe Kevin Housen und seine Kollegen von Boing in Seattle, Washington, haben zur Klärung dieses Phänomens im Labor Miniaturkrater hergestellt (Nature vom 11. November 1999). Die Forscher feuerten kleine Plastikprojektile mit einer Geschwindigkeit von zwei Kilometern pro Sekunde in lockere Sandhaufen. Um die Gravitation des Asteroiden zu simulieren und die Flugbahnen der Trümmerteile nachvollziehen zu können, führten sie den Versuch in einer Zentrifuge durch. Housen und seine Mitarbeiter beobachteten, daß die Einschläge das Material lediglich verdichteten und wenig oder keine Trümmer weggeschleudert wurden. Die Ergebnisse lassen vermuten, daß ähnlich zusammengesetzte Planetoiden beim Beschuß vom Weltraumtrümmern tatsächlich komprimiert werden, ihre Dichte zunimmt, und sie bei diesem Prozeß keine Masse verlieren.

Housens Idee ist provokativ und plausibel, meint der Planetologe Erik Asphaug von der University of California, Santa Cruz. Um diese Hypothese zu testen, sagt er, "brauchen wir Experimente, bei denen wir während des Beschusses eines Asteroiden seismische Bilder aus ihrem Inneren beziehen." Die NASA plant nun den Prototyp für zukünftige Studien an porösen Asteroiden, nämlich den Beschuß eines Kometen. Bei der Deep Impact-Mission soll im Jahr 2005 der Kern von Tempel 1 0beschossen werden. Asphaug merkt an, daß solche Objekte, die er als "fliegenden Puffreis" ansieht, die Projektile möglicherweise schlucken können, ohne auseinanderzubrechen oder ihre Umlaufbahn zu ändern. Das ist allerdings eine schlechte Nachricht, bestätigen Asphaug und Housen, denn sollte so ein Trümmerhaufen sich auf den Weg in Richtung Erde machen, zuckt er nur mit den Schultern, wenn wir versuchen, ihn abzulenken.

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