Direkt zum Inhalt

News: Flüchtige Signale

Wer einem Hornissennest zu nahe kommt, sollte besser cool bleiben – zumindest, wenn es sich um asiatische Riesenhornissen handelt: Aggressiv verteidigen sie ihr Nest und rufen mit Pheromonen auch noch die Artgenossen zum Angriff. Pikant daran: Die Alarmstoffe werden manchmal auch in Kosmetika und zur Aromatisierung von Lebensmitteln verwendet.
Vespa mandarinia
Ein Picknick im Grünen führt für so manchen zum Stress, wenn ganze Schwärme von Wespen über die mitgebrachten Leckereien herfallen. Tauchen gar deren große Schwestern auf, die Hornissen, geraten viele vollkommen in Panik, sagt man diesen Insekten doch extrem hohe Angriffslust nach. Unsere Europäische Hornisse nimmt sich dabei aber gegenüber der Asiatischen Riesenhornisse (Vespa mandarinia) geradezu harmlos aus: Genügt es in Europa in der Regel, auf wildes Wedeln mit den Armen zu verzichten, um die Tiere nicht aggressiv zu machen, reicht in Japan womöglich allein ein falsches kosmetisches Produkt aus, um die Hornissen in Rage zu bringen.

Bei Gefahr verteidigen Hornissen ihr Nest mit aller Macht. Auf der Suche nach dem Auslöser, der die Hornissen auf den Plan ruft, analysierten Masato Ono und seine Kollegen von der Tamagawa University in Tokio das Gift von V. mandarinia. Darin fanden sie drei interessante Substanzen: 2-Pentanol, 3-Methyl-1-Butanol und 1-Methylbutyl-3-Methylbutanoat. Da diese leicht flüchtig sind, eignen sie sich besonders gut als Alarmsignale: Sobald der Eindringling vertrieben ist, verlieren sie sich in der Luft, und die Kolonie kann wieder zum Tagesgeschäft übergehen.

Diese drei Chemikalien strichen die Forscher deswegen einzeln und in verschiedenen Kombinationen auf Filterpapier, das sie am Eingang eines Hornissennestes platzierten. Die Reaktion der bis zu fünf Zentimeter großen Stechimmen ließ nicht lange auf sich warten: Aufgeregt umschwirrten sie den Nesteingang und attackierten den Köder. Dabei wirkten die Substanzen einzeln schon recht gut, den besten Effekt zeigte aber die Kombination der drei Stoffe. Sehr animierend war auch ein direkt aus dem Hornissengift gewonnener Extrakt.

Da diese bei den Hornissen als Pheromone (also zur Verständigung untereinander) verwendeten Substanzen gelegentlich auch als Duftstoffe in Kosmetika und als Geschmacksstoffe in Lebensmitteln eingesetzt werden, testeten die Forscher zudem verschiedene kommerzielle Produkte. Mit Erfolg: Auf sie reagierten die Riesenhornissen mit den gleichen Verteidigungsmaßnahmen. In der Nähe von Nestern könnten die entsprechenden Kosmetika und Nahrungsmittel daher die Tiere in Alarmbereitschaft versetzen und unnötige Stiche heraufbeschwören.

Bei ihren Versuchen fanden die Wissenschaftler auch heraus, dass eine der drei Chemikalien, 1-Methylbutyl-3-Methylbutanoat, auch der Hauptbestandteil eines speziellen Sekrets von V. mandarinia ist. Dieses kommt zum Einsatz, wenn dem Insekt seine sonst übliche Käfernahrung knapp wird; dann nämlich gehen die Riesenhornissen kollektiv auf Bienen- und Wespenjagd. Dazu markieren sie die Nester ihrer Opfer mit jenem Sekret, das dann andere Hornissen zum koordinierten Angriff auf das gekennzeichnete Nest herbeilockt.

Haben die Riesenhornissen jedoch ein Nest der Wespenart Vespa simillima xanthoptera ins Visier genommen, stoßen sie auf erbitterten Widerstand. Wie Ono und seine Kollegen beobachteten, hat dieses Beutetier gewissermaßen eine Fremdsprache gelernt: Es erkennt das artfremde Pheromon, versteht die davon ausgehende Bedrohung und reagiert nun seinerseits mit aggressivem Verteidigungsverhalten.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.