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Pipelinephysik: Forscher revolutionieren Leitungsrohre

Die drastischen Energieverluste in Rohrleitungen sind ein unterschätztes Problem - vor allem, weil man daran kaum etwas ändern konnte. Hilft ein gerade ausgetüfteltes revolutionäres Pipelinedesign?
Rohr

Wenn Wasser, Öl oder eine andere Flüssigkeit durch Rohrleitungen gepumpt wird, ist das energieaufwändiger als erwünscht: Die durch Reibung an den Rohrwänden verursachten Turbulenzen verlangsamen den Flüssigkeitsstrom oft drastisch. Das Problem ist dabei weniger vernachlässigbar, als Laien vermuten. Schätzungen zufolge könnten rund zehn Prozent des globalen Stromverbrauchs anfallen, weil irgendwelche Flüssigkeiten mit geringer Effizienz durch kleine oder große Leitungen gepumpt werden. Trotzdem ist bislang niemandem ein sinnvoller Weg eingefallen, Reibung oder Turbulenzen ganz zu verhindern. Forscher aus Österreich präsentierten in »Nature Physics« nun einen ganz eigenen Ansatz, mit dem sie in ihren Experimenten bis zu 90 Prozent der Reibungsverluste in Röhren verhindern.

Die schon seit einiger Zeit verfolgte Idee des Teams um Björn Hof von der Forschungsgruppe »Nichtlineare Dynamik und Turbulenzen« des IST Austria in Klosterneuburg scheint auf den ersten Blick kontraintuitiv: In den Rohren sollen, kurz zusammengefasst, durch geschickt platzierte Minirotoren mehr statt weniger Wirbel entstehen. Diese müssen aber gezielt jene Turbulenzen destabilisieren, die unter dem Strich die Strömung verlangsamen würden.

Das Ziel ist dabei, eine laminare Strömung im Rohr zu erreichen, bei der die Flüssigkeitsschichten ohne nennenswerte Mischvorgänge glatt über- und nebeneinander in eine Richtung gleiten, ohne von den Turbulenzen gestört zu werden, die vom Rand her hineinwirbeln; Verluste treten dann nur noch wegen der inneren Reibung auf. Tatsächlich konnten sich die Forscher diesem Ideal im Experiment deutlich annähern: Sie verhindern 90 Prozent der inneren Turbulenzen in einem rund fünf Zentimeter weiten Strömungsrohr mit in bestimmten Abständen innen angebrachten Rotoren, die die im Entstehen begriffenen Randturbulenzen kontern und auflösen. Ab einem bestimmten Schwellenwert erhält sich dadurch die laminare Strömung im Rohr von selbst, so die Beobachtung – bis die Flüssigkeit aus der Leitung austritt.

Die Experimente verliefen bis dato Erfolg versprechend – es muss sich aber noch zeigen, ob die Idee auch in unterschiedlich großen und kleinen Leitungen praktikabel umzusetzen ist. In dünnen Leitungen kann ein gezielt eingespritzter Flüssigkeitsschwall Antiturbulenzwirbel produzieren und Rotoren ersetzen, wie die Forscher in weiteren Versuchen immerhin schon gezeigt haben. Ob die Idee sinnvoll auf industrielle Anforderungen skaliert werden kann, muss sich allerdings erst zeigen.

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