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Hirnforschung im Weltall: Forscher züchten Nervenzellen auf der ISS

Gemeinsam mit einem Versorgungsflug von SpaceX sollen demnächst auch ein paar neuronale Vorläuferzellen die Reise ins All antreten - im Dienste der Wissenschaft.
Neurone

Um herauszufinden, wie sich Nervenzellen in der Schwerelosigkeit entwickeln, schicken Wissenschaftler um Florian Kohn von der Universität Hohenheim nun menschliche Zellen zur Internationalen Raumstation ISS. Dort sollen sie in speziellen Brutkisten zwei Wochen lang zu Neuronen heranreifen, bevor sie schließlich chemisch fixiert werden und mit Hilfe einer Transportkapsel zur Erde zurückkehren, wo die Experten sie einer eingehenden Untersuchung unterziehen wollen.

Kohn und seine Kollegen nutzen dafür Zellen der Linie SH-SY5Y. Diese stammen von Tumorzellen ab, die 1973 einem vierjährigen Mädchen mit einem Neuroblastom – einer Krebserkrankung des Nervensystems – entnommen worden waren. Weil sie sich leicht zu Neuronen entwickeln lassen, kommen sie in der Hirnforschung vielfach zum Einsatz.

Der Startschuss für das Experiment soll nach Angaben der Forscher zwischen dem 6. und dem 17. Dezember 2017 fallen. Die Zellen werden sich dann im Rahmen der SpaceX-CRS-13-Mission, einem von der NASA beauftragten und vom US-amerikanischen Raumfahrtunternehmen SpaceX durchgeführten Versorgungsflug, von Cape Canaveral aus auf die Reise zur ISS begeben. Der Start des Flugs ist allerdings schon mehrfach verschoben worden.

Aus früheren Experimenten, in denen die Wissenschaftler ihre Zellen unter anderem mit auf Parabelflüge nahmen, wissen Kohn und sein Team bereits, dass sich in der Schwerelosigkeit die Zellmembran verändert. Das könnte Auswirkungen auf die elektrischen Eigenschaften von Neuronen haben oder beeinflussen, wie gut Substanzen wie Medikamente in die Zelle gelangen. Mit ihrem aktuellen Versuch wollen die Forscher der Frage nachgehen, ob solche Anpassungen auch Konsequenzen für die Entwicklung der Zellen nach sich ziehen. Wird sich das Nervensystem des ersten Menschen, der vielleicht einmal im Weltall geboren wird, unter diesen Bedingungen normal ausbilden?

Die Wissenschaftler von der Universität Hohenheim sind nicht die einzigen, die sich mit solchen Fragen befassen. Schon seit Jahren untersuchen Forscher, wie die Schwerelosigkeit – oder andere Bedingungen im Weltraum – das menschliche Nervensystem und das Gehirn beeinflussen. So entdeckten Wissenschaftler von der Deutschen Sporthochschule Köln etwa, dass sich während der kurzzeitigen Schwerelosigkeit auf einem Parabelflug die Informationsverarbeitung im Gehirn zu beschleunigen scheint. Deutlich häufiger berichten berichten Hirnforscher allerdings von negativen Effekten, die ein längerer Aufenthalt im All offenbar mit sich bringt. Tierversuche deuten zum Beispiel darauf hin, dass kosmische Strahlung die Fortsätze von Nervenzellen verändern und somit die Leistung des Gehirns eher beeinträchtigen könnte.

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