Fake Science: Gefälschte Studien auf dem Vormarsch

Betrug in der Wissenschaft wird längst nicht mehr von einzelnen schwarzen Schafen begangen. Dahinter stecken zunehmend gut vernetzte Organisationen, die gefälschte Forschung im industriellen Maßstab produzieren. Das zeigt eine Studie, die Anfang August 2025 im Fachblatt »PNAS« erschienen ist.
Im Zentrum stehen sogenannte Paper Mills – Firmen, die wissenschaftliche Artikel mit manipulierten oder ausgedachten Daten und Textbausteinen fälschen. Bezahlt werden sie von Einzelpersonen oder Institutionen, die ihre Publikationsliste erweitern wollen, ohne dafür echte Forschung zu betreiben. Die Paper Mills arbeiten mit Brokern zusammen, die Verbindungen zu Herausgebern und Redakteuren haben oder selbst Einfluss auf die Annahme von Artikeln in bestimmten Fachzeitschriften nehmen können. Die Zahl frisierter oder frei erfundener Publikationen wächst derzeit um ein Vielfaches schneller als die seriöser Veröffentlichungen.
Der Biowissenschaftler Reese Richardson von der Northwestern University in Illinois und seine Kollegen durchforsteten wissenschaftliche Datenbanken und das Onlineforum PubPeer, in dem Fachleute Ungereimtheiten in Studien diskutieren. Zudem werteten sie aus, welche Herausgeber und Redakteure auffällig oft Arbeiten akzeptierten, die später wegen gravierender Fehler oder Plagiaten zurückgezogen wurden.
Das Ergebnis ist alarmierend: Schon ein kleiner Kreis betrügerischer Akteure konnte zahlreiche Schrott-Arbeiten durchschleusen. Gefälschte Studien erschienen oft in Serien in derselben Zeitschrift und enthielten teils identische Abbildungen. Sobald ein Magazin unter Beobachtung steht, wechseln die Betrugsnetzwerke gezielt zu anderen – ein Vorgehen, das Richardson und seine Mitstreiter »Journal Hopping« nennen. Darunter sind auch betrügerische Zeitschriften, sogenannte Predatory Journals, die gegen Bezahlung ungeprüfte Texte veröffentlichen.
Scobel: »Wissenschaft in der Vertrauenskrise«
In seiner letzten »Scobel«-Sendung diskutierte der Publizist Gert Scobel am 12.6.2025 mit Alena Buyx, Bernhard Sabel und Carsten Könneker über Qualitätsprobleme des wissenschaftlichen Publikationswesens, gesellschaftliche Anfeindung von Forschung und die Bedeutung des Wissenschaftsjournalismus.In manchen Gebieten, etwa in Teilen der Krebsforschung, sind inzwischen bis zu vier Prozent aller veröffentlichten Studien zurückgezogen worden. Das sind weit mehr, als durch normale Fehler zu erwarten wäre. Die Zahl mutmaßlich gefälschter Arbeiten verdoppelt sich derzeit etwa alle anderthalb Jahre. Viele bleiben unentdeckt: mit Folgen. Denn sie können Metaanalysen – besonders wertvolle Auswertungen vieler Einzelstudien – kontaminieren.
Die Forschenden warnen davor, dass solche Netzwerke das Vertrauen in die Wissenschaft untergraben. Sie fordern eine unabhängige Institution, die Betrugsversuche aufspürt – und nicht von Organisationen kontrolliert wird, die selbst ein Interesse an hohen Publikationszahlen haben.
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