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Fortpflanzung: Dauersex, Tod und Kannibalismus

Nach der Paarung verspeist zu werden, kennt man von männlichen Spinnen und Fangschrecken. Doch auch bei den Swainson-Breitfußbeutelmäusen kommt dieses Verhalten vor.
Eine weibliche Swainson-Breitfußbeutelmaus mit braunem Fell frisst vom Körper ihres toten Partners
Eine weibliche Swainson-Breitfußbeutelmaus frisst vom Körper ihres toten Partners.

Die Männchen der Swainson-Breitfußbeutelmaus (Antechinus mimetes) leben ein kurzes, aber intensives Leben: Wenn die Fortpflanzungszeit kommt, geraten sie in eine Art Sexrausch, paaren sich stundenlang und sterben am Ende vor Erschöpfung. Doch selbst nach ihrem Tod erfüllen sie mitunter noch einen Zweck, wie eine Studie von Andrew Baker von der Queensland University of Technology in Brisbane und seinem Team in »Australian Mammalogy« zeigt: Die schwangeren oder stillenden Weibchen fressen dann regelmäßig von den Körpern ihrer ehemaligen Partner – eine leicht zugängliche Protein- und Energiequelle.

Während Weibchen der Art bis zu drei Jahre alt werden, überleben die Männchen nur bis zum Ende ihrer Geschlechtsreife mit zehn bis elf Monaten. Dann beginnt für alle Tiere relativ gleichzeitig eine intensive Paarungszeit, in der Männchen und Weibchen ohne vorherige Werbephase promiskuitiv mit möglichst vielen Partnern kopulieren. Die Phasen des Geschlechtsverkehrs können 10 bis 14 Stunden am Stück andauern, was vor allem die Männchen extrem stresst und ihren Körper mit ungesunden Mengen der Hormone Testosteron und Cortisol flutet. Ihre ausgelaugten Körper verkraften diese Konzentrationen nicht; die Männchen sterben an Organversagen oder Krankheiten, die durch das zusammengebrochene Immunsystem begünstigt werden.

Viele dieser Tiere werden anschließend von Aasverwertern konsumiert, zu denen auch die Weibchen der Breitfußbeutelmaus gehören, wie Fotos aus dem New England National Park in New South Wales zeigen. Die Biologen um Baker konnten die Tiere auf den Bildern eindeutig der Art zuordnen. »Obwohl kannibalistisches Verhalten bei einigen Fleisch fressenden Beuteltieren wie Quolls und Tasmanischen Teufeln berichtet wurde, ist es in freier Wildbahn sehr selten zu beobachten«, sagt Baker. Echte Nachweise gebe es nur selten.

Wie stark das Verhalten verbreitet ist, lässt sich daher noch nicht sagen. Die Forscher vermuten aber, dass es relativ gängig sein sollte. »Es ist eine leicht zugängliche und massenhaft vorhandene Energiequelle«, so Baker. Da in der Region zwei Beutelfußmausarten mit leicht unterschiedlichen Paarungszeiten leben, ist es sogar nicht ausgeschlossen, dass die Männchen der später kopulierenden Art vom Ableben ihrer früher zum Zuge kommenden Geschlechtsgenossen profitieren. »Bei der später sich paarenden Art können beide Geschlechter die toten Männchen ihrer Verwandten kannibalisieren, um vor Beginn ihrer eigenen Fortpflanzungszeit an Gewicht und Kondition zuzulegen«, ergänzt der Biologe.

Diesen als Semelparität bezeichneten Lebenszyklus der Männchen, die sich nur einmal im Leben fortpflanzen können, findet man unter Säugetieren sehr selten. Neben den Beutelmäusen kennt man ihn zum Beispiel von den Zwergbeutelmardern im Norden Australiens, die gleichzeitig das größte derart lebende Säugetier darstellen. Auch bei ihnen führen Überanstrengung und mangelnder Schlaf dazu, dass die Männchen nach einer Paarungszeit verscheiden, während die Weibchen immerhin vier Perioden ausdauern können.

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