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News: Fraktales Wachstum

Elektrisch leitfähige Polymere lösen vielleicht einmal Halbleiter in elektronischen Bauelementen ab. Bis es soweit ist, müssen jedoch zahlreiche Probleme bei der Herstellung gelöst werden, wie sie einst auch bei den anorganischen Materialien auftraten. Echtzeitaufnahmen, die entstanden, während ein Polymer langsam eine Substratoberfläche bedeckte, zeigten nun, dass derartige Schichten fraktale Strukturen ausbilden.
Zur Zeit baut die Mikroelektronik noch voll auf Halbleitermaterialien wie Silicium. Ob einzelne Transistoren oder ganze Schaltkreise, die kristallinen anorganischen Stoffe sind nahezu ohne Konkurrenz. Das könnte sich in Zukunft jedoch ändern, denn seit man weiß, dass bestimmte organische Polymere ebenfalls Strom leiten und prinzipiell für schaltende Bauelemente geeignet sind, läuft die Forschung an den vielversprechenden Verbindungen auf Hochtouren.

So gelang es bereits, erste "Plastik-Transistoren" herzustellen, allerdings waren deren Schaltzeiten alles andere als erbaulich. Das liegt vor allem daran, dass sich aus dem organischen Material bislang noch keine Schichten mit erforderlich hoher Qualität formen lassen, vielmehr sind sie durchsetzt von Baufehlern und Störstellen. Hieran streuen Ladungsträger, was die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Bauelements herabsetzt.

Die Probleme sind an sich nicht neu, denn Jahrzehnte vorher mussten Wissenschaftler bei Halbleitern die gleichen Erfahrungen machen und Methoden entwickeln, um die unerwünschten Störungen zu minimieren oder zumindest deren Auftreten und Verhalten zu steuern. Aus diesem Grund muss man nun zunächst herausfinden, wie sich die Schichten bilden und wie Fehler entstehen.

Genau damit befassten sich auch Frank Meyer zu Heringdorf und seine Kollegen vom IBM T.J. Watson Research Center in Yorktown Heights. Die Forscher untersuchten das Wachstum von Pentacen – einem halbleitenden, kettenartigen Molekül, das aus fünf Benzolringen besteht – auf einer Silicium-Oberfläche. Mithilfe der so genannten Photoelektronen-Emissions-Spektroskopie (PEEM) gelang es ihnen, die Strukturveränderungen in Echtzeit zu beobachten. Bei dieser Methode bestrahlt ultraviolettes Licht eine Probe, die daraufhin Elektronen emittiert, die sich wiederum mit einem Detektor nachweisen lassen. Die registrierten Elektronen lassen sich nach Energie sortieren und geben so anhand ihrer jeweiligen Zählrate Aufschluss über die jeweiligen Elemente an einem bestimmten Ort.

Meyer zu Heringdorf und seine Mitstreiter konnten auf diese Weise ein quadratisches Feld von bis zu 65 Mikrometern Kantenlänge mit einer Auflösung von 125 Nanometern aufs Korn nehmen. Sie stellten fest, dass das Pentacen zunächst stabile, zweidimensionale, Molekül-hohe Inseln auf dem Silicium bildete, die eine fraktale, farnartige Struktur aufwiesen. Bevor sich jedoch die Verästelungen einzelner Pentacen-Strukturen trafen, wuchs eine zweite Lage auf der ersten Schicht – typischerweise geschah das bei etwa 60 Prozent Bedeckung. Schließlich füllten sich auch die Furchen zwischen den Ästen, hinterließen dabei jedoch so genannte Korngrenzen – Bereiche, in denen zwei Regionen unterschiedlich gerichteten Kristallwachstums aneinander stoßen. An solchen Stellen wird der Fluss der Ladungsträger gestört.

Die Forscher fanden weiterhin heraus, dass sich die Pentacen-Inseln erst mit einiger Zeit Verzögerung auf dem Silicium bildeten. Das liegt offenbar daran, dass zunächst freie Bindungen und Adsorptionsplätze auf der Siliciumoberfläche besetzt werden und erst dann das Wachstum der Lagen beginnen kann. Den Wissenschaftlern gelang es, die Verspätung zu unterbinden, indem sie zuvor die Oberfläche mit Cyclohexan behandelten oder ein Siliciumdioxid-Substrat verwendeten, das keine entsprechenden freien Bindungen aufweist.

So konnten die Forschern das Wachstum sogar in gewissem Maße steuern. Sie stellten unter anderem Schichten her, bei denen zusammenhängende einkristalline Bereiche bis zu hundert Mikrometer groß waren – hundertmal größer, als es in vorangehenden Arbeiten gelang. Offensichtlich unterscheidet sich also das Wachstum organischer Schichten nicht wesentlich von denen anorganischer Lagen, sodass sich ähnliche Konzepte zur Verbesserung der Schichtqualität nutzen lassen.

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