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News: Fremdes Erbmaterial wird mit Nahrung aufgenommen

Die Gegner gentechnisch veränderter Nahrungsmittel argumentieren auch mit der ihrer Meinung gefährlichen Aufnahme "fremden" Erbguts. Die Befürworter schlagen mit dem Argument "Proteine werden im Magen bzw. im Darm abgebaut" zurück. Offenbar hat keine Seite recht. Das haben die deutschen Wissenschaftler Walter Doerfler und Rainer Schubbert in Arbeiten am Institut für Genetik der Universität Köln in einer Arbeit bewiesen, die in der Ausgabe vom 30. Januar 1998 der "wiener klinischen wochenschrift" erschienen ist.
Was die Wissenschafter getan haben: Im Labor wurden Mäusen das Erbgut von Bakteriophagen des Stammes M13 verfüttert. Bakteriophagen sind Viren ähnlich, nur daß sie Bakterien infizieren. Das Erbgut dieser "Parasiten" ist völlig unterschiedlich von jenem von Mäusen. Doch entgegen der Annahme, daß die Erbsubstanz der Phagen (DNA) im Verdauungstrakt der Versuchstiere völlig abgebaut würde, fand sich die DNA schließlich in Zellen dieser Mäuse.

Die Wissenschaftler dazu: "Experimente mit der DNA des Bakteriophagen M13, die an Mäuse verfüttert wurde, zeigen, daß einige Prozent der M13-Test-DNA in Form von Fragmenten die Passage durch den Gastrointestinal-Trakt überstehen." Die Fremd-DNA gelange dann durch die Darmwand unter anderem in weiße Blutkörperchen sowie Milz- und Leberzellen hinein.

Ähnliche Ergebnisse wurden auch bei Experimenten an trächtigen Mäusen erzielt: Teile der Erbsubstanz von M13 fanden sich – offenbar über die Plazenta transportiert – in "einzelnen Zellen von Föten und Neugeborenen in unterschiedlichsten Organsystemen, aber bisher nie in allen Zellen einer neuen Mausgeneration." Nicht untersucht wurden bisher die Auswirkungen bezüglich der Krebsentstehung oder der Entstehung von Mißbildungen durch Fremd-DNA, wie Doerfler und Schubbert feststellen.

Doch als Plädoyer gegen die Gentechnik und ihre Anwendungen in der Medizin und der Landwirtschaft wollen die deutschen Wissenschafter die Resultate nicht verstanden wissen. "Fremde Desoxyribonukleinsäure (DNA) ist Teil unseres Ökosystems. Mit der Nahrung werden laufend erhebliche Mengen fremder DNA unterschiedlichster Herkunft aufgenommen", schreiben sie.

Es sei bemerkenswert, daß gerade zu einem Zeitpunkt, in dem sich viele Menschen vor Gentechnik-Nahrung ängstigen würden, die Wissenschaft Hinweise darauf bekomme, daß die Aufnahme fremder DNA in den Organismus nichts ungewöhnliches sei. Die Genetiker: "Millionen Jahre lang sind die Menschen und ihre Vorfahren einer nicht mehr zählbaren Kombination von Genen aus pflanzlicher oder tierischer Nahrung ausgesetzt gewesen."

Es sei daher dringend notwendig, die Öffentlichkeit über Themen der Biologie zu informieren. Das Fach selbst sollte in jeder Schule und in jedem Ausbildungsweg obligatorisch enthalten sein. Das sollte die Menschen in die Lage versetzen, biologische und medizinische Probleme in Verbindung mit der Gentechnik besser beurteilen zu können.

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