News: Fressen und gefressen werden
Ob es einem Raubtier für das Überleben reicht, hängt also von der Zahl der Beutetiere ab - so weit, so gut. Aber was trivial erscheint, folgt offenbar einem übergeordneten Naturgesetz. Denn ob Wiesel oder Löwe, Insektenfresser oder Wildschweinjäger: Egal, um welchen Räuber es sich handelt, in seinem Revier muss er für jedes Kilogramm seines Körpergewichts 111 Kilogramm potenzielle Beute jagen können. In den Jagdgründen eines 300 Kilogramm schweren Eisbären müssen sich also Robben und Seehunde mit einem Gesamtgewicht von etwa 33 300 Kilogramm tummeln.
Auf diese erstaunliche und vollkommen unerwartete Konstante sind Chris Carbone von der Zoological Society of London und John Gittleman von der University of Virginia gestoßen, nachdem sie die Populationsdichten von 25 unterschiedlichen Räubern und ihren Beutetieren miteinander verglichen. Ein Dachs ist pro Kilogramm Körpergewicht genauso auf 111 Kilogramm Regenwürmer angewiesen, wie der Eisbär auf Seehunde und Robben.
Die 1/111-Regel gilt für alle Säugetiere der Untersuchung - egal, wie groß die Beute und egal, wie groß das Ökosystem ist, in dem sie leben. Vermutlich, so meint Carbone, gilt dies auch für andere Tiergruppen, wie Vögel oder Reptilien.
Vor allem für den Schutz der in vielen Fällen vom Aussterben bedrohten Jäger, haben diese Erkenntnisse eine große Bedeutung, ermöglichten sie doch die Überwachung derer Ökosysteme. Carbone will dies im Rahmen der Maßnahmen zum Schutz der Tiger von Sumatra erproben. Anhand der Zahl der Wildschweine will er abschätzen, wie viele Tiger in den Ölpalmen-Plantagen der indonesischen Insel dauerhaft überleben können.
Andererseits könnte ein Räuber-Beute-Verhältnis unter 1:111 - die Zahl der Beutetiere ist nun überproportional hoch - darauf weisen, dass die Jäger durch andere Faktoren geschwächt sind - beispielsweise durch Inzucht wegen zu kleiner Populationen. Das könnte sich bei den Bemühungen um den Schutz unterschiedlichster Ökosystme also als überaus sensibles Instrument erweisen.
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