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News: Früh angelegtes Sprachtalent

Haben Sie Probleme, fremde Sprachen zu erlernen, egal wieviel Mühe Sie sich auch geben, Ihre Nachbarin aber spricht sieben Sprachen fließend? Seien Sie nicht traurig, jetzt können Sie daran auch nicht mehr viel ändern, denn das spätere Sprachvermögen wird bereits während der frühen Gehirnentwicklung geprägt. Doch nicht jedes Gehirn verliert mit zunehmenden Alter das Sprachtalent. Wer schon in jungen Jahren Sprachen lernte, behält diese Lernfähigkeit - vielleicht sogar ein Leben lang.
Kennen Sie auch den Frust, wenn Sie Ihre verstaubten Sprachkenntnisse auskramen und Ihnen in der Konversation schon nach wenigen Minuten die Vokabeln ausgehen? Schön, wenn man jetzt die Verantwortung für die mangelhafte Vorstellung weit von sich weisen kann. Schließlich liegt es nach neuesten Forschungsergebnissen nicht am fehlenden Elan, stundenlang Vokabeln auswendig zu lernen, sondern am fehlenden Sprachkontakt, als das Gehirn noch jung und aufnahmebereit war.

"Menschen dachten immer, dass die menschliche Kapazität, Sprachen zu erlernen, einfach verschwindet, wenn das Gehirn altert", beschreibt Rachel Mayberry den bislang geltenden Forschungsstand. Die Kommunikationswissenschaftlerin hat mit ihrem Forscherteam an der McGill University diesen Grundsatz auf den Kopf gestellt. Hierzu untersuchten sie den Zusammenhang zwischen frühzeitigen Spracherfahrungen und dem Sprachvermögen in fortgeschrittenem Alter. Da alle hörend geborenen Babys automatisch Spracherfahrungen sammeln, studierte das Team auch die spätere Sprachbegabung gehörlose geborener Menschen, die keine Sprachen lernen, bevor sie in entsprechende Lernprogrammen involviert werden.

Ihre Studie unterteilten die Forscher in zwei Abschnitte. Zuerst untersuchten sie gehörlose Erwachsenen, von denen die eine Gruppe gehörlos geboren worden war, während die andere erst im Laufe ihres Lebens ihr Hörvermögen verloren. Obwohl die Erwachsenen beider Gruppen die amerikanische Zeichensprache, die American Sign Language (ASL) beherrschten, unterschied sich ihre Vollkommenheit der Sprache. Erwachsene, die hörend geboren worden waren und so in Zeiten der frühen Gehirnentwicklung Sprachkontakt hatten, beherrschten die Zeichensprache besser als die gehörlos geborenen Studienteilnehmer.

Im zweiten Studienteil untersuchten Mayberry und ihre Mitarbeiter drei Gruppen Erwachsener, die im Alter von drei bis dreizehn Jahren in der Schule Englisch gelernt hatten und die Sprache seit mindestens zwölf Jahren anwandten. Gehörlose und hörende Erwachsene, die entweder mit gesprochener oder gezeigter Sprache frühen Kontakt hatten, zeigten vergleichbar hohe Performance im später gelernten Englisch. Gehörlos geborene Erwachsene jedoch, deren früher Sprachkontakt spärlich war, hatten Probleme, Englisch zu lernen. Insgesamt nahmen an der in vier kanadischen und zwei amerikanischen Städten in den letzten vier Jahren durchgeführten Studie 58 Erwachsene teil. Als nächsten wollen die Forscher einen genaueren Blick darauf werfen, wie der frühe Sprachkontakt die Gehirnentwicklung beeinflusst und wie er sich auf die spätere Lesefähigkeit auswirkt.

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