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News: Früh übt sich

Kinder haben die beneidenswerte Fähigkeit, Sprachen nahezu spielerisch zu erlernen. Wie machen sie das? Neugierige Wissenschaftler können die kleinen Sprachgenies leider nicht direkt fragen, sondern müssen mit anderen Methoden ihren Wissensdurst befriedigen. Eine amerikanische Psychologin hat sich eine künstliche Sprache ausgedacht und damit herausgefunden, dass Kinder ab dem Alter von etwa einem Jahr die grammatikalischen Strukturen der Sprache erfassen können.
Erinnern Sie sich noch an Ihre Schulzeit? An das leidige Vokabeln lernen in Englisch oder das mühsehlige Pauken französischer Grammatik? Wer eine Fremdsprache beherrschen will, muss meist einen langen und steinigen Weg hinter sich bringen. Dabei konnten wir alle einmal leicht, spielerisch und schnell eine Sprache erlernen – unsere Muttersprache. Leider geht diese Fähigkeit wieder verloren, und wir können uns nicht mehr daran erinnern, wie wir dieses Meisterstück bewerkstelligt haben.

Auch Psychologen wie Rebecca Gomez von der Krieger School of Arts and Sciences der Johns Hopkins University in Baltimore interessieren sich brennend für die Kunst des Spracherwerbs von Kleinkindern. Um hierüber Näheres zu erfahren, entwickelte Gomez eine einfache, künstliche Sprache mit sinnlosen "Wörtern" wie "pel", "wadim" oder "jic". Dann spielte sie Kindern im Alter von 12 bis 18 Monaten Drei-Wort-"Sätze" dieser Sprache vor. Dabei waren jeweils das erste und letzte Wort des Satzes miteinander verknüpft, während das mittlere variierte.

Nach der Lernphase erfolgte der Test: Die kleinen Versuchspersonen hörten wiederum Drei-Wort-Sätze. Diese waren entweder "grammatikalisch" – das heißt, nach einem bestimmten ersten Wort folgte an dritter Stelle das entsprechend zugeordnete – oder "ungrammatikalisch", bei dem ein falsches Wort auftauchte. Hatten die Kinder diese Regel begriffen, dann lauschten sie bei den falschen Sätzen mit erhöhter Aufmerksamkeit, während sie die richtigen und daher bereits bekannten eher langweilte.

Wie Gomez auf der Jahrestagung der American Association for the Advancement of Science vom 15. bis 20. Februar 2001 in San Francisco berichtete, hängt das Erlernen grammatikalischer Regeln vom verwendeten Wortschatz ab. Stammte das zweite Wort aus einem kleinen Reservoir, unterschieden die Kinder nicht zwischen grammatikalisch und ungrammatikalisch. Gab es jedoch 24 Möglichkeiten für das zweite Wort, dann begriffen 18 Monate alte Kinder die Verknüpfung zwischen erstem und drittem Wort. Die Kinder schalteten also um: Statt einzelne Wörter zu lernen, prägten sie sich grammatikalische Strukturen ein. Einjährige Kinder hatten diese Fähigkeit noch nicht ausgebildet.

"Seit Jahren glaubte man, dass so etwas kompliziertes wie die Sprache nicht mit relativ einfachen Lernmechanismen verbunden sein kann, die auf Worthäufigkeiten, Verknüpfungen zwischen benachbarten Wörtern und anderen statistischen Eigenschaften beruhen", erläutert die Wissenschaftlerin. Doch offensichtlich erfassen Kleinkinder ab einem gewissen Alter die statistischen Zusammenhänge einer Sprache – die Grammatik.

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