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Frühbronzezeit : Woher Troja sein Gold beschaffte

Von der Ägäis nach Mesopotamien bis zum Kaukasus – vor rund 4500 Jahren blühte der Goldhandel über weite Distanzen. Nun lösten Fachleute das Rätsel um die Herkunft des Edelmetalls.
Vermutlich zwei Widderfiguren zieren das obere Ende dieser Gewandnadel aus Poliochni.
Vermutlich zwei Widderfiguren zieren das obere Ende dieser goldenen Gewandnadel aus Poliochni auf der Insel Lemnos, die unweit von Troja liegt. Naturwissenschaftliche Archäologen haben nun die Herkunft des Edelmetalls ermittelt.

Seit Jahrtausenden gilt Gold als wertvolles und begehrtes Metall. Und während der Frühbronzezeit nahmen die Menschen der Alten Welt dafür offenbar weite Handelswege in Kauf, wie Forschende um Ernst Pernicka vom Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie in Mannheim herausfanden. So stammt das Gold, das an teils weit voneinander entfernten Fundorten der Frühbronzezeit ans Licht kam, aus derselben Quelle – aus Troja, Georgien, der sumerischen Stadt Ur im heutigen Irak und aus Poliochni auf der Ägäisinsel Lemnos. Zudem handelt es sich um Edelmetall aus sekundären Lagerstätten, also um Waschgold etwa aus Flüssen, wie die Arbeitsgruppe im Fachmagazin »Journal of Archaeological Science« schreibt. Den genauen Ursprungsort des Golds konnte das Team noch nicht ermitteln, es vermutet aber, dass es aus Georgien kam.

Die Arbeitsgruppe analysierte insgesamt 61 Goldobjekte, die in ein Zeitfenster von ungefähr 2500 bis 2000 v. Chr. datiert werden. Für Funde aus Troja und Poliochni untersuchte das Team Stücke im Archäologischen Nationalmuseum in Athen. Diese Goldfunde aus Troja hatte womöglich Heinrich Schliemanns Ehefrau Sophia (1852–1932) dem Haus überlassen. Die deutlich berühmteren Exponate wie der Schatz des Priamos liegen heute im Puschkin-Museum in Moskau; Pernicka & Co konnten sie offenbar nicht in Augenschein nehmen – abgesehen von einem Ring aus jenem Depotfund, der heute ebenfalls in Athen aufbewahrt wird.

Für ihre Analyse verwendeten die Forscherinnen und Forscher ein spezielles tragbares Lasergerät, mit dem für das bloße Auge nicht sichtbare winzige Probenmengen herausgeschmolzen werden können. Das hat den Vorteil, dass die wertvollen Objekte weitgehend unbeschädigt bleiben. Zudem lässt sich mit Hilfe der genannten Lasermethode die Zusammensetzung des Golds sehr viel genauer erschließen als etwa mit einem tragbaren Röntgenfluoreszenzgerät, das nur die Oberfläche der Objekte abtastet.

Loch im Gold | Der Strahl eines tragbaren Lasergeräts hat in die Oberfläche des Goldobjekts ein winziges Loch geschmolzen. Es misst 120 Mikrometer im Durchmesser. Einzig im Elektronenmikroskop ist die Beschädigung zu erkennen.

Die archäometrische Analyse der Proben und der Vergleich mit den Erkenntnissen aus anderen Studien ergab, dass das Gold hohe Konzentrationen von Zinn, Palladium und Platin enthält. Vorindustrielles Gold ist typischerweise nicht so rein wie modernes Edelmetall und weist diverse weitere Elemente wie Silber, Kupfer oder Zinn auf. Anhand der Spurenelemente konnten die Forschenden nun die Herkunft des Metalls bestimmen: »Zinn wurde in fast allen Proben in Konzentrationen zwischen zirka 10 und 1900 Milligramm pro Kilogramm gefunden, was darauf hindeutet, dass es sich hauptsächlich um Schwemmgold handelt«, heißt es in der Studie. Elemente wie Palladium und Platinum stützten diese Annahme, weil beide normalerweise in Berggold nicht vorkommen.

Die Goldschmiede arbeiteten für Troja und Poliochni

Einige der Goldketten aus Troja und Poliochni gleichen sich zudem nicht nur in der Metallzusammensetzung, sondern auch in der Machart. Demnach fertigte womöglich dieselbe Werkstatt diese Schmuckstücke. Die Goldschmiede dürften entweder in Poliochni oder Troja gearbeitet haben – beide Orte liegen zirka 60 Kilometer auseinander. Stilistisch ähnliche Schmuckstücke, nämlich Goldanhänger mit Spiralmustern, fanden sich auch in Troja und in den Königsgräbern von Ur. Die Ähnlichkeiten in der Form legten bereits Verbindungen zwischen beiden Fundorten nahe; die aktuellen Goldanalysen bestätigen nun, dass es womöglich Kontakte zwischen Anatolien, dem Ägäisraum und Mesopotamien gab. Gemäß einer Pressemitteilung der Universität Tübingen folgert Pernicka daraus: »Es muss also Handelsbeziehungen zwischen diesen weit entfernten Regionen gegeben haben.«

Woher das Gold der Schmuckstücke ursprünglich kam, konnten die Forschenden bislang nicht zweifelsfrei feststellen. »Wenn wir den Anteil von Spurenelementen im Gold aus Troja, Poliochni und Ur betrachten, so zeigt bronzezeitliches Gold aus Georgien die größte Übereinstimmung mit den genannten Fundorten«, erklärt Pernicka. »Uns fehlen aber noch Daten und Untersuchungen aus anderen Regionen und von weiteren Objekten, um diese Vermutung zu erhärten.«

Troja, Ur, Poliochni – von den drei Fundplätzen dürfte die Stätte auf der Insel Lemnos am wenigsten bekannt sein. Italienische Archäologen legten die vorgeschichtliche Stadt im 20. Jahrhundert frei. Poliochni war eine der frühesten Städte Europas, die bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. existierte. Am Fundort kamen Häuser, gepflasterte Straßen mit einer Kanalisation, Plätze und Gemeinschaftsbauten ans Licht.

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