Dinosaurier-Evolution: Frühe Ankylosaurier protzten mit Extrembewaffnung

Ankylosaurier sind vor allem aus der Spätphase der Dinosaurierzeit bekannt, über ihre Anfänge im Jura vor mehr als 145 Millionen Jahren wusste man bislang dagegen wenig. Lediglich das Bruchstück einer Rippe gab Aufschluss über diese Frühphase. Nun entdeckten Paläontologen unweit dieses ersten Funds im marokkanischen Atlasgebirge zahlreiche Skelettpartien eines weiteren Exemplars der Art Spicomellus afer. Der Fund zeigt: Die Tiere stellten eine einzigartige Fülle von Schutzwaffen zur Schau – mehr, als von jedem anderen Wirbeltier bekannt sei, so das Team um Susannah Maidment vom Natural History Museum in London.
Wie die Wissenschaftler im Fachblatt »Nature« erklären, scheint es sich allerdings dabei weniger um Schutz und Trutz zur Abwehr von Beutegreifern gehandelt zu haben. Vielmehr könnten die Tiere mit den Auswüchsen auf Rücken und Schwanz mögliche Rivalen oder Geschlechtspartner beeindruckt haben.
Das schließen Maidment und Kollegen aus dem Umstand, dass spätere Ankylosaurier immer weiter abrüsteten und stattdessen auf effizientere Verteidigungsmaßnahmen setzten: Die kreidezeitlichen Vertreter (vor 143 bis 66 Millionen Jahren) sind vor allem bekannt für ihre robuste Schwanzkeule. Forschungen zeigen, dass der Jagddruck durch große, tonnenschwere Räuber in dieser Epoche zunahm. Deshalb entwickelten parallel dazu auch andere Artengruppen effizientere Abwehrmaßnahmen.
Im Mittleren Jura (vor 175 bis 162 Millionen Jahren) dagegen, aus dem der Neufund stammt, gab es weniger Räuber, die einem Ankylosaurier gefährlich werden konnten. Der stachelbewehrte Schwanz habe zwar wohl auch der Abwehr von Angreifern gedient und belegt laut den Forschern, dass sich dieses Merkmal viel früher in der Saurierevolution herausbildete als gedacht. Insgesamt wirke die Rüstung von Spicomellus afer jedoch übertrieben. Das wiederum sei bei vielen heutigen Tierarten ein Zeichen für das Wirken sexueller Selektion – bekannt etwa vom Geweih des Hirschs, das über seine Rolle beim Zweikampf in der Brunft hinaus ein Signal für die körperliche Fitness seines Trägers ist. Derselbe Prozess könne auch die extravagante Ausstattung von Spicomellus afer erklären. Als die vielfältigen Dornen ihre Paradefunktion verloren, sorgte die Evolution für eine energetisch günstigere Panzerung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.