Direkt zum Inhalt

News: Früherkennung des plötzlichen Kindstodes möglich?

Kinder mit einem erhöhten Risiko für den plötzlichen Kindstod könen mit Hilfe eines EKG erkannt werden. Wissenschaftler aus Italien stellten fest, daß bei diesen Kindern ein bestimmtes Intervall im EKG signifikant länger ist, was auf lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen hinweist.
Ein bis zwei von 1000 Säuglingen sind vom plötzlichen Kindstod betroffen. Damit ist dies in den Industrienationen die häufigste Todesursache zwischen dem ersten und sechsten Lebensmonat. Die Kinder versterben meist unerwartet aus scheinbar völliger Gesundheit im Schlaf. Trotz zahlreicher Untersuchungen konnte die genaue Ursache des plötzlichen Kindstodes bisher jedoch nicht festgestellt werden. Die meisten Fälle werden wahrscheinlich durch eine vorübergehende Störung der nervalen Kontrolle der Herz- oder der Lungenfunktion hervorgerufen.

Demzufolge fehlt es bislang auch an effektiven Untersuchungsmethoden, Risikokinder zu identifizieren. Besorgten Eltern kann lediglich geraten werden, ihr Neugeborenenes nicht auf dem Bauch oder im gemeinsamen Bett schlafen zu lassen. Auch sind Kinder rauchender Mütter häufiger betroffen.

Im New England Journal of Medicine vom 11.6.1998 sind nun Ergebnisse einer Studie an 33 034 Kindern veröffentlicht, in der ein verlängertes QT-Intervall im EKG als wichtiger Risikofaktor für den plötzlichen Kindstod festgestellt wurde. Das QT-Intervall kennzeichnet im EKG die Herzkammererregung und deren Rückbildung. In dieser Zeit kontrahiert sich das Herz und wirft das Blut in den Kreislauf aus. Ist das QT-Intervall verlängert, ist das Herz besonders anfällig für frühzeitige erneute Erregungen. Es können lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen auftreten. Bei diesen Herzrhythmusstörungen kontrahiert sich das Herz so schnell, daß es sich zwischen den einzelnen Konraktionen bzw. Herzschlägen nicht ausreichend mit Blut füllt. Der Körper wird dann mit Blut und damit auch mit lebenswichtigem Sauerstoff und Nährstoffen unterversorgt. Können diese sogenannten ventrikulären Tachykardien nicht durchbrochen werden, führen sie zum Tod.

Peter John Schwartz von der University of Milan, Italien, und Kollegen aus neun weiteren Krankenhäusern zeichneten über 18 Jahre bei 33 034 Säuglingen am dritten oder vierten Lebenstag ein EKG auf. Von diesen Kindern verstarben innerhalb des ersten Lebensjahres 24 am plötzlichen Kindstod. Bei ihnen war ein signifikant längeres QT-Intervall im EKG (435 +/- 45 msec) als bei den überlebenden Kindern (400 +/- 40 msec) gemessen worden. Die Länge des QT-Intervalles wurde entsprechend der jeweiligen Herzfrequenz korrigiert. Bei zwölf der verstorbenen Kinder war das QT-Intervall sogar länger als 440 msec. Damit ist das Risiko, am plötzlichen Kindstod zu versterben, für Kinder mit verlängertem QT-Intervall etwa 50mal größer als bei normalem Rhythmus.

Noch kann jedoch ein Screening aller Neugeborenen auf ein verlängertes QT-Intervall nicht empfohlen werden. Problematisch ist, daß dieser Parameter wenig spezifisch ist. Um zwei Säuglinge vor dem plötzlichen Kindstod zu bewahren, müssen 100 Kinder therapiert werden.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.