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News: Frühreife Afrikaner

Out of Africa nennen Anthropologen die Hypothese, nach der die Wiege des modernen Menschen in Afrika zu suchen ist. Bisher beziehen sich Anhänger dieses Szenarios nur auf die Anatomie von Homo sapiens, die demnach auf dem afrikanischen Kontinent entstand. Die soziale Entwicklung des Menschen soll erst viel später, nach seiner Eroberung von Europa und Asien, stattgefunden haben. Doch neue Funde aus Afrika bergen hier Zweifel. Eventuell haben sich bereits viel früher, vor mehr als 70 000 Jahren, moderne menschliche Verhaltensweisen entwickelt.
Ocker
Vor etwa 40 000 Jahren begann der Mensch in Europa aus Steinen, Knochen und Geweihen Werkzeuge anzufertigen. Damit löste er eine kulturelle Revolution aus, die sich nicht nur auf technischem, sondern auch auf künstlerischem Gebiet zeigte. Archäologen setzen hier den Beginn des oberen Paläolithikum an.

Bisher vermuteten Wissenschaftler diesen kulturellen Durchbruch in Europa. Die Entstehung des modernen Menschen billigen die meisten Anthropologen jedoch dem afrikanischem Kontinent zu. Nach der Out-of-Africa-Hypothese entwickelte sich hier die Art Homo sapiens aus Homo erectus, verließ irgendwann innerhalb der vergangenen 100 000 Jahren Afrika, verdrängte überall die anderen regionalen Abkömmlinge von H. erectus und begann nach und nach moderne Kulturen aufzubauen.

Doch eine Höhle am äußersten Ende von Afrika könnte dieses Szenario revidieren. Hier, in der südafrikanischen Blombos Cave, entdeckten Anthropologen einen wahren Schatz: 28 verschiedene Knochenwerkzeuge, präzise gefertigt, zeugen von einer leistungsfähigen steinzeitlichen Industrie. Des Weiteren fanden sie mehr als 8000 Ockerstücke, welche die prähistorischen Bewohner der Höhle vermutlich gesammelt hatten und als Farbstoffe nutzten.

Bedeckt war der Fundort von einer dünnen Schicht gelben Sandes – und dieser Umstand erwies sich für Christopher Henshilwood vom Iziko – South African Museum in Kapstadt als wahrer Glücksfall. Denn damit gelang ihm und seinen Kollegen die Datierung des Fundes. Genau die gleiche Sandschicht kannten die Wissenschaftler aus anderen Fundstätten und wussten, dass sie während der letzten Eiszeit vor 60 000 bis 70 000 Jahren abgelagert wurde. Die darunterliegenden Artefakte mussten demnach älter sein.

Damit zeigt sich der Ursprung der Menschheit in einem neuen Licht. Offensichtlich entwickelte Homo sapiens bereit vor mehr als 70 000 Jahren in Afrika sein modernes Sozialverhalten und trug es von hier aus in alle Welt. "Wieder einmal erweist sich Afrika im Sinne der menschlichen Evolution als frühreif", betont Curtis Marean von der Arizona State University. "Aufrecht gehende Hominiden entwickelten sich in Afrika, die erste wirkliche Zunahme der Hirngröße geschah in Afrika, und jetzt ahnen wir, dass der letzte große Fortschritt, die Entwicklung des modernen Verhaltens, ebenfalls in Afrika gemacht wurde. Jetzt stellt sich die Frage: Wo geschah das in Afrika zum ersten Mal – und warum?"

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