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Roter Planet: Ring-wechsel-dich um Mars

Schmückte sich der Mars in seiner Vergangenheit mit Ringen? Eine neue Theorie beschreibt die Entstehung der Marsmonde Phobos und Deimos durch ein ständiges Wechselspiel zwischen möglichen Ringen und Trabanten.
Phobos in Farbe

Der Mars rückt immer stärker in den Fokus der Menschheit: Bereits mehrere Rover sind auf ihm gelandet, und neben der NASA planen auch einige private Unternehmen bemannte Raumflüge zum Roten Planeten. Dabei gibt es vieles, was wir noch nicht über unseren Nachbarn im All wissen. So stellen die beiden Marsmonde Phobos und Deimos die Wissenschaftler vor Rätsel: Herkömmliche Modelle schlagen für ihre Entstehung einen gigantischen Zusammenstoß des Mars mit einem weiteren großen Himmelskörper vor, in dessen Folge Material aus der Oberfläche geschlagen wurde, das sich im Orbit erst zu einem Ring und dann zu den beiden Trabanten verdichtete. Allerdings kann diese Theorie nicht alle heutigen Eigenschaften des Systems erklären. Speziell der innere Mond Phobos, der sich immer mehr der Marsoberfläche nähert und in einigen Millionen Jahren durch die Gezeitenkräfte des Planeten wohl zerrissen werden wird, passt hier nicht ganz ins Bild: Er hätte sich dann in sehr großem Abstand nahe seinem Partner Deimos bilden müssen, doch das hätte dessen Umlaufbahn extrem gestört.

Phobos über der Marsoberfläche | Am 26. März 2010 konnte die europäische Raumsonde Mars Express dieses Bild des Marsmonds Phobos über der Oberfläche des Roten Planeten aufnehmen. Phobos umrundet den Mars in nur rund 6000 Kilometer Abstand zu dessen Oberfläche.

Die beiden Astrophysiker Andrew Hesselbrock und David Minton von der Purdue University in West Lafayette, USA, machten deshalb nun einen verrückt anmutenden Vorschlag: Was, wenn der Mars in der Vergangenheit ein ständiges Wechselspiel zwischen Ringen und Monden durchlief? Demnach soll nach dem großen Einschlag vor etwa 4,3 Milliarden Jahren eine Scheibe entstanden sein, die relativ schnell mehrere Monde bildete. Diese "wanderten" dabei durch dynamische Wechselwirkungen in größere Entfernungen. Nachdem das Restmaterial der Scheibe auf den Mars gestürzt war, verloren die Trabanten auf Grund von Gezeitenkräften wieder an Energie und näherten sich dem Planeten. In dem Moment, als sie die so genannte Roche-Grenze überquerten, zerrissen sie in seinem Schwerefeld und bildeten erneut einen Ring, der wiederum Monde hervorbringen konnte.

Den Simulationen der Forscher zufolge könnte sich dieser Ablauf bis in unsere Zeit bereits drei- bis siebenmal wiederholt haben. Somit sind sie in der Lage, die heutige Dynamik der Monde zu reproduzieren: Der äußere Trabant Deimos bildete sich demnach bereits im ersten Zyklus in seinem weiten Orbit und verblieb dort bis heute, womit sich seine niedrige Exzentrizität erklären ließe. Phobos dagegen wäre ein Überbleibsel vieler bereits vergangener Monde und damit nur ein Glied in einer langen Kette – wodurch auch die Tatsache, dass wir ihn ausgerechnet jetzt bei seinem langsamen Vergehen beobachten können, nicht mehr weiter besonders erschiene.

Der gewagten Hypothese der beiden Wissenschaftler fehlt es aber noch an schlagkräftigen Indizien. Immerhin geben sie Hinweise, wo und wie sich diese finden ließen: Da beträchtliche Teile des Materials in den Ringen auf die Marsoberfläche niedergegangen wären, könnten Altersbestimmungen an den Sedimentschichten Aufschluss geben. Und auf Phobos sollten sich Einschlagkrater von kleineren Satelliten aus der letzten Scheibe nachweisen lassen. Aber egal, ob die Theorie stimmt oder nicht – den Wandel von Phobos zum nächsten Ring in etwa 70 Millionen Jahren würden wir sowieso nicht mehr erleben.

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