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Galapagos-Ralle: Darwin hatte sie zuvor als Letzter gesehen

Die Galapagos-Insel Floreana wird renaturiert – mit Erfolg: Seltene Arten kehren wieder. Darunter befindet sich eine sehr scheue Vogelart.
Ein kleiner, dunkelgrauer Vogel mit leuchtend roten Augen sitzt in einem dichten, grünen Laubwerk. Der Vogel ist von Moos und Blättern umgeben, was auf einen natürlichen Lebensraum im Wald hindeutet. Die Umgebung ist leicht verschwommen, wodurch der Fokus auf dem Vogel liegt.
Galapagos-Rallen sind sehr scheue Vögel, die versteckt im dichten Unterwuchs leben. Das erschwert ihre Beobachtung.

Galapagos, Vögel und Charles Darwin verbinden viele normalerweise mit den nach ihm benannten Finken, die als Musterbeispiel für die Evolution gelten. Doch der britische Naturforscher entdeckte während seines Besuchs auf dem pazifischen Archipel noch viele weitere Arten. Darunter befand sich auch eine kleine, unscheinbare Ralle mit leuchtend roten Augen, die er 1835 auf der Insel Floreana beobachtete – und die rund 190 Jahre niemand mehr dort nachweisen konnte, bis ein Team der Charles Darwin Foundation (CDF) den Vogel endlich wieder aufspürte. Unklar ist allerdings, ob die Galapagos-Ralle (Laterallus spilonota) auf der Insel überlebt hatte oder von anderen Teilen der Galapagos-Inseln Floreana neu besiedelt hat.

Die meisten Rallenarten führen ein notorisches scheues Leben in dichtem Unterwuchs und lassen sich nur schwer aufspüren. Gleichzeitig fallen sie auf Inseln eingeschleppten Fressfeinden wie Katzen, Hunden, Ratten oder Schweinen leicht zum Opfer, die Eier, Jungtiere und erwachsene Tiere fressen können. Viele Rallenarten auf kleinen Eilanden sind daher als vom Aussterben bedroht. Das gilt auch für die Spezies von Galapagos: 1987 fand beispielsweise eine intensive Nachsuche auf Floreana statt, die erfolglos blieb. Auf anderen Teilen des Archipels existiert die Galapagos-Ralle zwar noch, doch geht ihr Bestand zurück.

Im Jahr 2023 begann die CDF jedoch mit der Nationalparkbehörde und der Naturschutzorganisation Fundacíon Jocotoco eine Kampagne mit Zustimmung der örtlichen Bevölkerung, um eingeschleppte Arten auf Floreana zu bekämpfen und später lokal ausgestorbene Arten wieder anzusiedeln. Das Eiland gilt weltweit als eines der wichtigsten Ziele, die katzen- und rattenfrei werden sollen: Zwölf vom Aussterben bedrohte Arten könnten dadurch gerettet werden, insgesamt 55 bedrohte Spezies würden profitieren.

In einer groß angelegten Kampagne wurde Nagetiergift ausgebracht, um Ratten und Mäuse zu bekämpfen – mit zumindest ersten Erfolgen, wie Nachuntersuchungen zeigen konnten: An speziellen Futterstationen wurden bis 2025 keine Nager nachgewiesen. Damit kann der nächste Schritt bei der Renaturierung Floreanas beginnen: die Wiederauswilderung verschwundener Tierarten wie der Riesenschildkröten, der Floreana-Spottdrossel, verschiedener Darwinfinken und einer Schlangenart, die ebenfalls hier heimisch war. Bis auf die Schildkröten hatten alle Arten auf benachbarten, kleineren Inseln überlebt. Die Riesenschildkröten wiederum sind Nachkommen von Floreana-Riesenschildkröten, die von Seefahrern auf andere Inseln im Archipel verschleppt wurden und sich mit dort ansässigen Unterarten verpaart hatten. Exemplare mit besonders hohen genetischen Anteilen der Floreana-Rasse wurden dann von der CDF nachgezüchtet und sollen im Hochland von Floreana wieder heimisch werden.

Dort finden sich auch wichtige Habitate für die Galapagos-Ralle, welche die CDF-Ranger an drei Orten Floreanas nachwiesen: in Grasland, das von ebenfalls einführten Guavenbäumen überwuchert wurde. Die Funde umfassen sechs akustische Aufzeichnungen, zwei visuelle Bestätigungen und ein Foto. Alle diese Standorte werden seit 2015 jährlich von der CDF überwacht und dienen als Teil einer langfristigen Bestandsaufnahme von Vogelarten mit dem Ziel, vier lokal verschollene Vogelarten aufzuspüren oder wieder anzusiedeln.

»Das ist eine wunderbare Überraschung«, sagt Birgit Fessl von der Charles Darwin Foundation. »Es gibt zwei mögliche Erklärungen für diese neuen Nachweise: Entweder hat die Galapagos-Ralle die Insel wieder besiedelt. Oder sie war nie wirklich ausgestorben, blieb aber auf Grund ihres extrem niedrigen Bestands unentdeckt. Letzteres ist wahrscheinlicher, da diese Vögel nicht besonders flugkräftig sind und ihre Anwesenheit an mehreren Orten andeutet, dass sie schon immer da waren, nur in sehr geringer Zahl.« Als Nächstes wollen die Wissenschaftler daher Genmaterial sammeln. Damit wollen sie überprüfen, ob es sich um die ursprüngliche Linie von Floreana handelt oder um Zuzügler von anderen Inseln.

Ungewöhnlich wäre es nicht, wenn die Art tatsächlich vor Ort überlebt hätte: Die nahe gelegene Insel Rábida wurde ebenfalls von invasiven Arten befreit und ökologisch dadurch wieder restauriert. In der Folge entdeckten Biologen 2022 einen endemischen Gecko aus der Gattung Phyllodactylus wieder, der zuvor nur von 5000 Jahre alten Knochen bekannt war. Er hatte über die Jahrhunderte in sehr geringer Zahl die Attacken von Ratten überlebt, so dass er Wissenschaftlern regelmäßig entging und erst wieder mit zunehmendem Bestand auffiel.

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