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Kosmologie: Galaxienkollisionen erhellen Dunkle Materie

Wenn Galaxien kollidieren, stößt immer auch Dunkle Materie zusammen. Die Analyse der Crashs zeigt nun: Einige verbreitete Theorien über Dunkle Materie sind nicht länger haltbar.

Sie macht einen großen Teil der Masse in unserem Universum aus, doch über ihre Eigenschaften ist fast nichts bekannt: Dunkle Materie. Im Labor lässt sie sich nicht erzeugen – jedenfalls nicht mit heutiger Technologie. Mit normaler Materie, aus der wir, die Erde, die Sonne und alle anderen bekannten Objekte im Universum bestehen, tritt Dunkle Materie nur über ihre Gravitation in Wechselwirkung: Ihre Schwerkraft hält Galaxien zusammen oder lenkt über den Gravitationslinseneffekt deren Sternenlicht ab.

Eine internationale Gruppe von Astronomen um David Harvey von der École Polytechnique Fédérale de Lausanne im schweizerischen Versoix hat nun eine neue Methode ersonnen, um die Eigenschaften der Dunklen Materie zu studieren. Die Forscher haben ein statistisches Modell entwickelt, mit dessen Hilfe sie Kollisionen von Galaxienhaufen analysieren und daraus Rückschlüsse über die Dunkle Materie ziehen konnten. Insgesamt 72 Aufnahmen unterschiedlich heftiger galaktischer Zusammenstöße, die sie auf Aufnahmen der Weltraumteleskope Hubble und Chandra identifizieren konnten, flossen in ihre Untersuchung ein.

Bei solchen Kollisionen spielen drei Komponenten eine Rolle: die gewöhnlichen Sterne, die Dunkle Materie und die großen Mengen an Gas, das zwischen den Sternen treibt. Alle drei Komponenten verhalten sich bei einer Galaxienkollision sehr unterschiedlich. Die meisten Sterne fliegen auf Grund der gigantischen leeren Räume zwischen ihnen praktisch ungebremst aneinander vorbei; nur selten werden sie deutlich abgelenkt. Interstellares Gas hingegen unterliegt einem steten Staudruck, der es komprimiert und aufheizt – heiß genug, um es mit dem Röntgenteleskop Chandra nachweisen zu können. Die Verteilung der Dunklen Materie konnten die Astronomen mit Hilfe des Gravitationslinseneffekts nachweisen.

Interagieren Dunkle-Materie-Teilchen miteinander?

Auch wenn sie kaum mit normaler Materie wechselwirken, könnten die "dunklen" Teilchen doch aufeinander sehr viel größere Kräfte ausüben – zumindest einigen theoretischen Modellen nach sollte dies der Fall sein. Die Analyse zeigte nun allerdings, dass sie ungebremst aneinander vorbeifliegen und sich nicht zerstreuen, wie einige Ansätze vermuten ließen.

Der Galaxienhaufen MACS J0416.1 – 2403 | Der Galaxienhaufen MACS J0416.1-2403 besteht aus Hunderten von Galaxien, zwischen denen sich Bereiche Dunkler Materie erstrecken. Deren berechnete Verteilung ist in dieser Aufnahme in Blau dargestellt.

Dadurch können die Forscher bestimmte Modelle für Dunkle Materie ausschließen. "Mit unserer Arbeit können wir wichtige Grenzen bestimmen, woraus Dunkle Materie bestehen könnte, insbesondere für die potenzielle Existenz eines 'Dunklen Photons' – des dunklen Äquivalents für Licht – oder 'Dunkler Protonen'", sagt David Harvey. "Es scheint zunehmend wahrscheinlich, dass es keine Familie dunkler Teilchen gibt, die ein Spiegelbild unserer gewöhnlichen Materie darstellt."

Diese Erkenntnis ist deshalb wichtig, weil in vielen Modellen zur Dunklen Materie gewissermaßen ein "dunkles Schwesterteilchen" zu jedem bekannten Elementarteilchen existieren sollte. Das wird auch einige Teilchenphysiker am Europäischen Kernforschungszentrum CERN aufhorchen lassen, die nach der erfolgten Aufrüstung des Teilchenbeschleunigers demnächst bei den bislang höchsten erreichten Energien nach solchen Teilchen suchen.

Noch sind die Fehler bei dieser Form statistischer Auswertung von Galaxienkollisionen jedoch recht hoch. Die Methode ist aber problemlos auf andere und größere Kollisionen von Galaxienhaufen anwendbar. Die Forscher gehen deshalb davon aus, dass sich mit weiteren Kartierungen des Sternenhimmels die Eigenschaften der Dunklen Materie noch deutlich schärfer bestimmen lassen werden.

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