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News: Ganz der böse Bruder

Salmonellen sorgen nicht nur für einen verdorbenen Magen oder Schlimmeres, sie spielen anscheinend auch bei der Autoimmunkrankheit Arthritis eine Rolle. Zellen, die mit dem Bakterium infiziert sind, rufen das Immunsystem zu Hilfe, indem sie auf ihrer Oberfläche Teile eines bakteriellen Proteins präsentieren. Und das ist einem körpereigenen Molekül sehr ähnlich. Wenn dann das Immunsystem nicht sehr spezifisch arbeitet, greift es aus Versehen auch körpereigene Zellen an.
Zellen, die von Bakterien befallen werden, geben normalerweise Alarm. Sie präsentieren kleine Stücke der bakteriellen Proteine auf ihrer Oberfläche, die von den Immunzellen, zum Beispiel den cytotoxischen Lymphocyten, als Fremdkörper erkannt werden. Diese heften sich daraufhin an die infizierte Zelle an und lösen deren Selbstmord aus.

Doch manchmal kommt das Immunsystem durcheinander und greift auch körpereigene Zellen an. Die Folge davon können Autoimmunkrankheiten wie zum Beispiel Arthritis sein. Warum sich das Immunsystem in diesen Fällen so fatal irrt, ist meistens noch unklar.

Bei Arthritis haben Wissenschaftler aber schon länger Salmonellen in Verdacht, die Krankheit auszulösen. Forscher unter der Leitung von Mark Soloski von den Johns Hopkins Medical Institutions suchten daher in Mäusen nach einem Zusammenhang zwischen Salmonellen-Infektionen und Arthritis. "Immerhin zehn Prozent der Menschen, die Salmonellen hatten, entwickeln eine 'reaktive' Form von Arthritis, die ein paar Wochen dauert", erklärt Soloski. "Aber eine kleinere, signifikante Zahl dieser Leute bekommt eine schwere, schwächende Form von Arthritis, die sehr lange anhält."

Bei ihren Untersuchungen konzentrierten sich die Wissenschaftler auf das Verhalten der cytotoxischen Lymphocyten. Zunächst identifizierten sie bei Mäusen das Protein, das die Zellen bei einer Infektion mit Salmonellen präsentieren. Dabei handelt es sich offensichtlich um ein Protein, das in vielen Bakterien auftritt, die mit Arthritis beim Menschen in Verbindung gebracht werden. Dazu gehört zum Beispiel auch Borrelia, der Erreger von Borreliose (Nature Medicine vom Februar 2000).

Dieses "Alarmmolekül" war aber zugleich fast identisch mit einem körpereigenen Molekül, das bei allen Lebewesen auftritt und Proteine dabei unterstützt, ihre Form beizubehalten.

Als Forscher Körperzellen von Mäusen dazu anregten, das bakterielle Proteinstück zu präsentieren, reagierten die cytotoxischen Lymphocyten wie erwartet. Doch die Immunzellen griffen auch an, wenn sie auf der Zelloberfläche auf das körpereigene Molekül oder die menschliche Version davon trafen. "Das zeigt uns, dass die Immunzellen bereitwillig auf eine molekulare Imitation hereinfallen", erklärt Soloski.

Bei einer normalen Salmonelleninfektion reagiert bei Mäusen etwa die Hälfte der cytotoxischen Lymphocyten – und zwar auf das mäuseeigene Protein ebenso wie auf das bakterielle. Das ist nach Soloski schon eine recht umfangreiche Immunantwort. Da das menschliche Protein dem Mäuseprotein sehr ähnlich ist, vermutet er bei einer Infektion von Menschen eine ähnlich starke Reaktion.

Die Wissenschaftler entdeckten außerdem, dass normale, nicht infizierte Körperzellen ebenfalls angegriffen werden können, wenn sie in irgendeiner Weise belastet wurden, zum Beispiel durch hohe Temperaturen oder Strahlung oder einer allgemeinen Infektion. "Wir wissen nicht, was da abläuft", meint Soloski, "aber es ist eine gute Stelle, um nach weiteren Auslösern von Autoimmunkrankheiten zu suchen".

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