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Optik: Ganz schön blau

Für die brillantesten Farben im Tierreich sind meist nicht Pigmente verantwortlich, sondern spezielle lichtaktive Oberflächen. Deren Entstehung haben Forscher jetzt an Vogelfedern untersucht und festgestellt: Offenbar lassen sie beim Wachsen die Sektkorken knallen.
Bergüttensänger
Das bunte Gefieder mancher Vögel ist nicht nur schön anzuschauen, es steckt auch eine ganze Menge Technik dahinter, wie Materialwissenschaftler immer wieder einsehen müssen. Gerade bei besonders lebhaften Farben verzichtet die Natur auf Pigmente, während den Entwicklern hier meist nur der herkömmliche Weg über pigmentierte Farb- und Lackschichten bleibt. Insbesondere bei sehr dünnen Oberflächen führt das oft nicht zum gewünschten Ergebnis.

Bei Vogelfedern sind es dagegen Strukturen in der Oberfläche selbst, die dafür sorgen, dass ein Material in blau oder grün leuchtet. Ihr Aufbau schluckt den Großteil des einfallenden Lichts, reflektiert aber ausgewählte Wellenlängen. Das macht nicht nur bunt, sondern manchmal sogar schillernd, wenn sich das zurückgeworfene Spektrum mit dem Blickwinkel ändert.

Die Nanostrukturen, die in den Zellen der Federn für die richtige Lichtbrechung sorgen, tauchen in zwei unterschiedlichen Varianten auf. Zum einen in Form zahlloser Luftbläschen, zum anderen als gewundene und ebenfalls luftgefüllte Kanäle. Beide erfüllen nur dann ihren Zweck, wenn Porengröße und -wanddicke genau aufeinander abgestimmt sind.

Tiere von 15 verschiedenen Vogelarten mussten jetzt für eine Untersuchung des Nanotechnik-Forschers Eric Dufresne von der Yale University in New Haven Federn lassen. Sein Team entdeckte mit Hilfe von Aufnahmen mit dem Elektronenmikroskop, dass weder ein Gerüst, noch eine andere Vorlage in der Zelle als Basis für die Strukturbildung herhalten könnte. Bläschen und Kanäle könnten daher nur durch einen Selbstorganisationsprozess entstehen. Wie dieser Prozess genau abläuft, untersuchten die Forscher anschließend an den blauen Federn im Kleid der Gelbbrustaras (Ara arauna).

Es sei wie bei einer Sektflasche, meint Dufresne. Lässt man dort den Korken knallen, trennt sich die Kohlensäure von der Flüssigkeit, und Luftblasen steigen auf. In den Vogelfedern sei es allerdings nicht der plötzliche Druckabfall, dessentwegen sich die beteiligten Stoffe entmischen: In einer proteinreichen "Suppe" im Zellinnern ändere sich die Konzentration der beteiligte Stoffe, Wasserbläschen bildeten sich und würden mit der Zeit durch Luft ersetzt.

Der Vergleich mit gezielt hergestellten Nanostrukturen offenbarte, wie es zum Unterschied zwischen den beiden Varianten kommen kann: Die kugelförmige Version wachse tatsächlich ganz analog zur Sektflasche durch einen Prozess der Keimbildung und anschließendem Wachstum. Bei den Kanälchen spiele dagegen die so genannte spinodale Entmischung eine Rolle. Zu welchem Prozess es kommt, hängt von den Konzentrationsunterschieden zu Beginn des Vorgangs in der Zelle ab.

Während der Techniker Dufresne aus dieser Beobachtung eher praktische Schlüsse ziehen und das Konzepts für neue optische Materialien nutzen will, wirft sie für den ebenfalls an der Studie beteiligten Evolutionsbiologen Richard Prum eine gänzlich andere Frage auf: "Viele Biologen glauben, dass die Farbe des Gefieders bestimmte Qualitäten des Vogels anzeigt", sagt er. Das sei ein Grund, weshalb die Farbgebung für die Partnerwahl überhaupt eine Rolle spielen könne.

Nun sei es zwar durchaus interessant und überraschend zu sehen, dass offenbar eine ganze Anzahl von Vogelarten unabhängig voneinander dafür dieselbe Technik entwickelt hätten. Behalten die Forscher allerdings Recht und die Färbung entsteht durch Selbstorganisation, müssten solche Informationen bereits während des Wachstums in die Federn gelangen, meint Prum: "Insgesamt lässt das Verfahren leider kaum Möglichkeiten für eine solche Einbettung zu. Zumindest weniger als Biologen gehofft haben."

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